Berührende und humorvolle Geschichte

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Äußerlich lockt "Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte" mit vielen bunten Zitronen. Ein Hingucker, dessen Bedeutung sich mir auf den ersten Blick nicht so ganz erschloss. Erst im Laufe der Geschichte kamen mir Assoziationen zu Sprichwörtern mit Zitronen und Limonade...

Inhaltlich geht es in Rachel Khongs Roman um eine Frau (Ruth), deren Mutter sie bittet, nach Hause zu ziehen, um bei der Betreuung ihres demenzkranken Vaters zu helfen. Eine sehr schwierige Situation. Wie Ruth diese meistert, erzählt sie in Form von Tagebucheinträgen.

Diese Erzählform ist ein wenig schwierig. Einerseits mag ich Brief- und Tagebuchromane, andererseits fühle ich mich als Leser manchmal außen vor - trotz dieser intimen Form. Auch Rachel Khong gelingt es nicht zu 100%, mich zu überzeugen. Aber sie schafft es, verschiedene Emotionen durch die Tagebucheinträge zu vermitteln. Und wie Tagebücher eben sind, sind die Einträge manchmal zum Lachen, manchmal zum Weinen und manchmal sind es einfach niedergeschriebene Ereignisse des Tages. Eins sind sie aber immer, sehr persönlich.

Leider bleibt mir Ruth trotz ihrer Tagebucheinträge ein wenig fremd und dass, obwohl ich bisweilen tiefe Einblicke in ihre Gedankenwelt bekomme. Sie ist betrübt ob ihres Beziehungsendes und fragt sich natürlich, was mit ihrem Vater wird. Sie ist direkt und ehrlich - so ehrlich, wie man manchmal auch nur in seinem Tagebuch ist. Aber dennoch, ich komme nicht ganz an sie heran. Zudem fühlte ich mich von der Geschichte bisweilen etwas ausgeschlossen. Ich kann es nicht so richtig greifen. Vielleicht, weil ich weiß, dass zwischen den Einträgen auch etwas passiert. Wie schon gesagt, so ein Tagebuchroman ist nicht ganz einfach.

Das sind allerdings nur kleinere Punkte, die den Lesegenuss nur minimal beeinträchtigt haben. Dazu haben mir einige von Ruths Gedanken auch zu gut gefallen. Einige davon kann ich nur allzu gut nachvollziehen. Mein Lieblingszitat ist auf Seite 107 zu finden: "Ich frage mich schon lange nicht mehr, wieso es so viele verrückte Menschen gibt. Was mich inzwischen überrascht, ist, dass es so viele normale gibt." Wunderbar!

Die schönste Idee des Romans ist gleich auf den ersten Seiten zu finden. Dort zeigt Ruths Vater ihr ein rotes Notizbuch. Darin hat er Briefe an seine Tochter geschrieben. Quasi ebenfalls ein Tagebuch, welches er führt, seit Ruth ein kleines Mädchen war. Diese Briefe sind immer wieder mal Thema im Buch und sehr berührend. Der Kreis schließt sich, als Ruth im Laufe ihrer Tagebucheinträge ähnliches für ihren Vater macht. Ob er die Briefe jemals zu Gesicht bekommt, ist fraglich - die Krankheit schreitet immer mehr voran.

Fazit: "Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte" ist ein berührender Roman über das Thema Demenz und wie eine Familie damit umgeht. Dank des humorvollen Tons und viel Situationskomik ist das Buch glücklicherweise nicht allzu schwermütig.