Humorvolle Sicht einer schweren Krankheit

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Das Buch mit dem eigentümlichen Namen "Das Jahr, in dem Dad ein Steak bügelte" folgt ein Jahr im Leben der 30-jährigen Ruth Young, die auf Bitte ihrer Mutter in das Elternhaus in einem Vorort außerhalb von L.A. zurückkehrt, um sich um ihren an Demenz erkrankten Vater Howard zu kümmern. Ihr Vater war Professor an einem College, der nun nicht mehr zu unterrichten vermag. Ruth erlebt zudem selbst eine persönliche Krise. Da ihre Verlobung erst kürzlich auseinanderbrach, ist ihr Herz gebrochen. Ruth beginnt Details ihres täglichen Lebens und Howards Veränderungen aufzuzeichnen.

Die Thematik der Geschichte ist traurig - eine Person in der Familie hat Demenz, verliert langsam und Tag für Tag ihr Gedächtnis und die ganze Familie muss damit umgehen lernen. Die Geschichte wird von Khong aber mit einem weinenden und einem lachenden Auge erzählt. Die Mutter sieht die Quelle des Gedächtnisverlustes im Essen. Folglich muss sich die Familie nicht nur in einen gesünderen Ernährungsstil einlesen (u.a. Blumenkohl, Brokkoli, Vitamin D, Omega-3-Fette oder Nahrungsergänzungsmittel), sondern auch Studien zu Demenz eruieren, die Experimente an Ratten oder das Verspeisen von proteinreichen Quallen zur Verhinderung der Krankheit, anführen. Selbst der Vater, der unberechenbar klare Momente aufweist, scherzt über sein eigenes Schicksal und veräppelt Ruth damit, dass er angeblich nicht mehr das Wort für Banane wisse ("Hier, nimm eine von diesen krummen, gelben Früchten", sagt er.).

Die Struktur des Romans mag nicht jedem gefallen. Es finden sich nach Tagebuchmanier Einträge für jeden Monat des Jahres, die mal länger und mal kürzer gehalten sind und nur aus der Perspektive von Ruth erfolgen. Dabei wechselt sie zwischen Einträgen für sich selbst und Erinnerungen für ihren Vater. Aus diesem Grund wirkt der Inhalt, insbesondere auf den ersten Seiten recht sprunghaft und erschwerte nicht nur den Einstieg, sondern auch das Eintauchen in die Geschichte. All dies tut Ruth in Anlehnung und Replikation an ein Notizbuch, das ihr Vater ihr gab, als sie ein kleines Kind war, welches all die lustigen Dinge beinhaltet, die sie einst tat, fragte oder anmerkte und welches er aufbewahrte. Dies berührte mich, da es zeigte, wie viel Ruth ihm bedeutet. Was als kurze Berichte über ihr "neues" tägliches Leben zu Hause beginnt, wird schließlich aufschlussreicher, als Ruth über ihre eigene Vergangenheit nachzudenken anfängt und auch realisiert, dass sie in ihrer Verehrung ihres Vaters gegenüber seinen Fehlern blind war, wie es ihr Bruder und ihre Mutter dagegen nicht waren. Es ist fast so, als ob Ruths Erinnerungen in ihrem Leben wichtiger zu werden scheinen, als die ihres Vaters verschwinden. Herzlich war auch die Idee für Howard eine wöchentliche Scheinklasse auf die Beine zu stellen, damit er sich wieder gebraucht und als kompetenter Lehrer fühlen kann. Das Buch wird durch diese kleinen aneinandergereihten Situationen gefüllt, die auf ihre eigene Weise schön sind und die schweren Momente für die Familie erhellen. Doch der Leser bleibt durch die eingeschränkte Perspektive recht unbeteiligt und erfährt somit leider nichts über die Gedanken, Sorgen, Ängste und Beweggründe der einzelnen Familienmitglieder.

Das Buch erinnert an eigene (nicht getroffene) Entscheidungen, die eigene Familie, Altern und die Endlichkeit des Gedächtnisses. Es unterstreicht einmal mehr, dass Erinnerungen gepflegt werden sollten, weil sie eines Tages verschwinden könnten. Man fängt selbst an, über den unerträglichen Gedanken zu sinnieren, was wäre, wenn die eigenen Eltern an diesem unaufhaltsamen Leiden erkranken, wenn sie langsam vergessen, wer sie sind und die Personen vergessen, die sie mehr als alles andere auf der Welt geliebt haben.

Die Dinge, mit denen sich die Autorin beschäftigt, sind herzzerreißend, manchmal albern bis skurril und porträtieren dabei realistisch ein familiäres Zusammenleben über das sich ein Schatten durch die schwere Krankheit Demenz gelegt hat. Noch ein klein wenig mehr Tiefgang der einzelnen Figuren hätte das emotionale Facettenreichtum komplettiert. Denn insgesamt gefallen hat mir, dass diese traurige Thematik mal auf eine ganz andere Weise aufgegriffen wurde und diese humorvoll, aber nicht zu lächerlich erzählt wird.