Gute Idee, aber mäßiger Roman

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Eine spannende Feierabendlektüre mit kleinen Fehlern - mehr aber auch nicht - ist der im Januar im noch jungen Feuerwerke-Verlag erschienene Mystery-Thriller „Das Jesus-Experiment“ von Autor Bernd Roßbach. Der Hirnforscher Tom Jennings hat seine wissenschaftliche Arbeit so weit vorangetrieben, dass es ihm nun möglich ist, in Recalls die in Generationen vererbten und im Unterbewusstsein seiner Probanden gespeicherten Erinnerungen aufzurufen und mit Hilfe modernster Computertechnologie die Einzelbilder dieser tief vergrabenen Erinnerungen als Film zu visualisieren. Spannend wird es, als er auf eine Nachfahrin von Pontius Pilatus trifft und mit ihr als Probandin das wahre Gesicht von Jesus Christus offenbart. Natürlich stürzen sich nun wissenschaftliche Konkurrenten, mediengeile Investoren und der US-geheimdienst CIA auf ihn und seine Forschungsergebnisse, um diese für ihre Zwecke zu missbrauchen. Der Vatikan und vor allem christliche Radikale wie die Jesuiten fürchten die Wahrheit um Jesus wie der Teufel das Weihwasser und ängstigen sich um den Bestand ihrer christlichen Kirche und Religion, weshalb Jennings ausgeschaltet, sogar ermordet werden soll. Bernd Roßbach schildert mit seiner Story die Gefahren einer futuristische Szenerie, die einer multiplen Steigerung heutiger Kontrolle und Überwachung aller Nutzer von Internet und sozialen Medien entspricht. In seinem Roman wird nicht unsere Computer kontrolliert, sondern unsere Gedanken und Erinnerungen. Es droht die Gefahr, dass unsere Gehirne missbräuchlich manipuliert werden können, indem in unserem Gehirn Erinnerungen gelöscht und falsche uns eingespeist werden können, also unsere Identität ausgetauscht werden kann. So weit ist es eine interessante und spannende Geschichte, die mit mäßigem literarischen Anspruch für gute Ablenkung zum Feierabend sorgen kann. Sieht man über die typischen Klischees hinweg (wie: CIA hält Probanden in dunklen Kellerverließen, mordender Mönch, jesuitische Kreuzigungsszene in den Katakomben), störten mich eher ein paar offensichtliche Fehler: Wenn statt des Begriffes „Apsis“ im Absatz gleich mehrfach die Falschschreibung „Aspis“ auftaucht, hat der Korrekturleser versagt. Oder wenn der jesuitische Peiniger Alvarez in einer Kammer der Pariser Katakomben zusätzlich zum Dämmerlicht einer Laterne noch mehrere Kerzen entzündet, dann aber durch Löschen nur einer Kerze für völlige Dunkelheit sorgt, dann hat hier der Lektor versagt. Nimmt man als Leser solche Fehler noch hin, um in der spannenden Geschichte weiterzukommen, die sich vielleicht sogar als Idee für einen US-Action-Film eignen würde, erscheint es aber dann doch etwas anmaßend, wenn der Feuerwerke-Verlag diesen Roman mit den Weltbestsellern von Dan Brown, Ken Follett oder auch nur Andreas Eschbach vergleicht. Alles in allem ist „Das Jesus-Experiment“ eine spannende Lektüre, wenn auch von nur mäßigem literarischen Wert. Was hätten ein Dan Brown oder Ken Follett aus dieser eigentlich interessanten Idee zaubern können ….