faszinierend

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"Das kann uns keiner nehmen" von Matthias Politycki ist ein faszinierendes Buch. Der Klappentext ist sehr dürftig und fast könnte man meinen, es sei ein Krimi, aber das ist es mitnichten!
Es ist die Geschichte zweier Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie treffen erstmals im Krater des Kilimandscharo aufeinander.

Hans, aus der Ich-Perspektive erzählend, ist ein kühler Hamburger, ratloser Schriftsteller, steif, eher humorlos und gesittet, weniger selbstbewusst, Prinzipienreiter und schnell urteilend hat mit dem Leben, mit sich, mit Afrika und mit dem Kilimandscharo noch eine Rechnung offen. Welche, das erfährt der Leser auf den letzten 20 Seiten. Er sucht Stille, Einsamkeit und möchte eine Nacht im Krater des Kilimandscharo verbringen, eine seltene, von den Einheimischen nicht gern gesehene, denn es verärgert die Götter, Möglichkeit.
Nach dem anstrengenden Aufstieg dann der Schock, gefolgt von Frust: Im Krater stehen bereits Zelte!

Karl, ein Bayer, grob, unfreundlich, ungehobelt, sehr selbstbewusst und alles andere als still, ist auch nicht erfreut.
Nach einer dramatischen Nacht dreht sich alles nur um den Abstieg, so schnell wie möglich runter vom Berg.
Den Bayer endlich loswerden! Das ist die einzige Motivation für Hans, trotz Erschöpfung und Schmerzen weiterzulaufen. Zwischenstopps werden ausgelassen und endlich unten angekommen folgt die Feier!
Den Bayer endlich loswerden! Gleich nach der Feier am nächsten Morgen! Nie wieder sehen, die Feier noch durchhalten!

Am nächsten Morgen beginnt wohl die schönste Geschichte zweier Männer in Afrika!

Ich muss sagen, dieses Buch lässt den Leser nur schwer gehen!
Vielleicht liegt es auch daran, dass ich als ältere Leserin ebenfalls auf ein Leben voller falscher Entscheidungen zurückblicke, mit wenigen Höhen, aber langen und tiefen Gräben. Heute, mit Abstand, sehe ich, was ich als junger Mensch nicht sehen konnte, nicht sehen wollte.
Beide Männer haben ein bewegtes Leben gelebt, jeder auf seine Art. Und offenbar mussten sie so alt werden, bis es möglich war, sich auf diese Weise zu treffen und kennen zu lernen. War es Schicksal, oder doch Zufall, aber beide haben einander bitter nötig, um den weiteren Lebensweg gehen zu können.
Es verbleiben ihnen nur wenige Tage, aber dies prägen nicht nur die Protagonisten, sie verändern auch den Leser.
Mich hat dieser Roman sehr gefesselt, die vielen Landschaften und Informationen über Länder und Leute entführte mich über Stunden in eine völlig andere Kultur und auch wenn man früh ahnt, was los ist, so hat mich die Spannung doch nie verlassen!
Vielen Dank dafür!