James Simon und seine Königin

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elfe1110 Avatar

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Hauptfigur des Romans ist der jüdische Unternehmer und Berliner Mäzen James Simon, der Anfang des 20. Jhds. mit anderen Kunstinteressierten die Deutsche Orient-Gesellschaft gründet. Diese nun finanziert Grabungen unter der Leitung des Archäologen Ludwig Borchardt in Tell el-Amarna – und eben dort findet dieser die wunderschöne Büste der Königin Nofretete, die zweite Hauptfigur, wenn man so will. Bis sie dann aber erstmalig in Berlin einem breiten Publikum vorgeführt werden kann, sollen noch etliche Jahre vergehen.

Gerhold verflechtet gekonnt Fiktion und Realität zu den Ereignissen rund um die Büste der Nofrete und bedient sich dabei verschiedener Genres. So liest sich das Buch als biographischer Roman über das Leben James Simons, über sein großes kulturelles und soziales Engagement und seine Liebe zur Archäologie. In diesem Kontext offenbart der Roman in erschütternd nüchterner Art und Weise den „salonfähigen“ Antisemitismus, der sich bis in allerhöchste Kreise zog und bereits lange vor den Nazis ein gesellschaftlich-politisches Thema war. – Dann wiederum erhält man Einblicke in den „kolonialen Grabungsrausch“ in Ägypten und die Verhandlungen, die mit den Grabungsländern zum Aufteilen der Funde geführt haben. Als historischer Roman werden nicht nur diese, sondern auch weiterhin politische Ereignisse in Deutschland aufgegriffen. – Und dann liest sich der Roman auch als große Liebeserklärung an die Königin und die wunderbaren Kunstschätze, die sie im Neuen Museum umgeben.

Kritiker mögen anmerken, dass die eine oder die andere Lesart zu oberflächlich war. Auch der Ton des Romans mag an manchen Stellen ein bisschen zu nüchtern gewesen sein. Ich fand diese Mischung beim Lesen perfekt, gerade weil die Sprache in ihrer Art wunderbar die Zeit und die Figuren des Romans wiedergespiegelt hat. Allein die ehrfurchtsvollen Worte beim erstmaligen Aufstellen der Büste!