Das Märchen von den drei Wünschen

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
elke17 Avatar

Von

Glavinic arbeitet in seinem neuen Roman mit den Motiven eines klassischen Märchens, die er in die Gegenwart überträgt. Sprachlich auf hohem Niveau wird die Ausgangssituation vorgestellt. Allerdings muss ich gestehen, dass ich ziemlich zwiespältig bin, was den weiteren Verlauf des Romans angeht. Schafft es der Autor, den Widerspruch zwischen Wollen und Wünschen aufzulösen, in dem sich sein Protagonist befindet?  Und wie kann er aus den Banalitäten des Alltags Spannung erzeugen?

Die Geschichte fängt eigentlich ziemlich trivial an: Jonas, 35 und Angestellter in einer Werbeagentur wird im Park von einem ungepflegt aussehenden Unbekannten angesprochen, der anscheinend bestens über ihn und seine Lebensumstände informiert ist. Dieser bietet ihm an, dass er ihm drei beliebige Wünsche erfüllen könnte. Jonas ist eingermaßen perplex, vermutet zuerst, dass der Unbekannte, da er so gut über ihn, seine Familie und seine Geliebte Bescheid weiss, ein Detektiv ist bzw. ihn erpressen will. Das aber verneint dieser und beharrt darauf, dass Jonas seine Wünsche und nicht sein 'Wollen' formulieren soll.

Verwirrt und  verunsichert kommt Jonas zuhause an und hat eine Auseinadersetzung mit seiner Frau, die ihm vorwirft, dass er sich um familiäre Belange nicht ausreichend kümmert. Einem SMS-Wechsel mit Marie, seiner Geliebten, folgen seine Gedanken über seine Ehe und sein Leben.

Und hier fällt meines Erachtens der wichtigste Satz in der Leseprobe: "...er wusste nicht, was er wollte, er wusste nicht einmal, was er wollen sollte..."

Am nächsten Tag hat ihn der Alltag wieder eingeholt, aber als er ein Los für die Sofortlotterie zieht, fällt ihm die Begegnung im Park wieder ein und er wünscht sich den Hauptgewinn. Natürlich trifft das nicht ein, aber seine Gedankenspiele gehen weiter: Friede auf Erden, Ende des Hungers, Beendigung der Unterdrückung der Frauen, Zerstörung der Atomwaffen, das Ende von Gewalt und Aggression - die verschiedensten Wünsche kommen ihm in den Sinn, aber nichts deutet darauf hin, dass sich auch nur einer seiner Wünsche erüllen würde. Tja, und dann ruft er den Stand seiner Aktien ab und stellt fest, dass diese in astronomische Höhen gestiegen sind :-)