Zum Nachdenken...

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snuuuke Avatar

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"Das Leben der Wünsche" beginnt wie ein ganz normaler Roman. Der Protagonist Jonas ist Mitte dreißig, hat einen langweiligen Job bei einer Werbefirma, eine Frau und zwei Söhne.

Doch unter der Oberfläche sieht nicht alles so rosig aus: Die Gefühle für seine Frau Helen haben sich durch den gemeinsamen Alltag verändert und Jonas sucht neues Glück bei seiner Geliebten Marie, die ihrerseits auch einen Mann und ein Kind hat. So bleibt den beiden nur eine gefährliche Gratwanderung zwischen ihrem eigenen Leben und ein paar Stunden intimes Beisammensein. Jonas Ex- und beste Freundin ist außerdem unheilbar an Krebs erkrankt und sein kleinster Sohn leidet an einem Wachstumsproblem.

Trotz der Gewissenbisse seiner Frau gegenüber kommt Jonas generell mit seinem Leben klar - bis gleich zu Anfang des Buchs ein seltsamer Mann in sein Leben tritt, der verspricht, ihm drei Wünsche zu erfüllen. Jonas entscheidet sich schließlich nach langem Hin und Her für den Wunsch, dass ihm all seine Wünsche erfüllt werden. Der Fremde willigt ein und zieht von dannen...

Zunächst tut sich gar nichts, auch als Jonas sein Glück auf die Probe stellt und ein Lotterielos kauft. Doch langsam scheint sich etwas in Jonas leben zu tun... Dass seine Aktien steigen oder sein Sohn einen gewaltigen Wachstumsschub bekommt, waren für mich dabei eher nebensächlich. Vielmehr fällt auf, dass sich Jonas innerlich verändert. Dinge, die er vorher gar nicht beachtet hat, erscheinen ihm plötzlich wichtig, bedrohlich oder fantastisch, alltägliches widerum wird für ihn distanziert, wie aus einer anderen Welt.

Im Laufe des Buches spitzen sich die unvorhergesehenen Ereignisse immer weiter zu - es kommt zu Naturkatastrophen, merkwürdigen Toden oder anderen Phänomenen, die immer nur in Zusammenhang mit Jonas auftauchen. Viel tiefsinniger als die Ereignisse selbst ist aber immer Jonas innerer Konflikt und seine Reaktion darauf, so dass man bis zum Ende hin gar nicht mehr sicher ist, was davon wirklich passiert, was er sich einbildet, vielleicht träumt - und ob Jonas selbst überhaupt noch real ist...

Der Schreibstil ist sehr wirklichkeitsnah und fesselnd, Glavinics Stil hat es mir wirklich angetan. Auch die Geschichte und Erlebnisse werden flüssig erzählt, nur in der Mitte und am Ende zieht sich das Ganze etwas, es fehlt der Schwung und vor allem die schokierenden und verstörenden "Cliffhanger" bleiben aus, bei denen ich das Buch ab und an beiseite legen musste, um über das Geschriebene nachzudenken... Großes Manko allerdings: Die fehlenden Anführungszeichen... Glavinics Stil in allen Ehren, aber es ist manchmal doch etwas ermüdend.

Wer nach dem Lesen von "Das Leben der Wünsche" verwirrt ist und meint, Jonas Erlebnisse würden alle keinen Sinn ergeben, dem kann ich nur raten: **Der Schlüssel, zum verstehen des Buches, sind die Überlegungen, die sich Jonas am Anfang zu den Wünschen macht...** Denn letztendlich sind es genau diese Dinge, die sich erfüllen! "... wie es ist, knapp davonzukommen. Um ein Haar an großem Unheil vorbeizuschlittern... [...] Ich könnte mir wünschen, einen Feind töten zu lassen [...] Ich könnte mir wünschen, die Dinge so zu erfassen, wie sie sind..."

Alles in Allem ist "Das Leben der Wünsche" ein sehr tiefsinniges und komplexes Buch, über das man sicher stundenlang rezensieren kann!