Identitätstausch und Lebenslügen

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babsyz Avatar

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Scheidungsanwalt Akira Kido steht vor den Scherben seiner Ehe und ist mit seinem Leben unzufrieden. Da bittet ihn eine ehemalige Klientin um Hilfe in einer delikaten Angelegenheit: ihr zweiter Mann Taniguchi Daisuke, der vor einem Jahr verstorben ist, war in Wirklichkeit ein anderer. Kido macht sich auf die Suche nach der wahren Identität des Verstorbenen und stößt auf eine Welt, in der Männer mit zweifehafter oder krimineller Vergangenheit ihre Identität mit anderen tauschen. Während er sich der Wahrheit nähert, spielt er selber immer wieder mit dem Gedanken, sein eigenes Leben hinter sich zu lassen und kommt sich selbst dabei immer näher.

Das Leben eines anderen ist ein tiefgründiger aktueller japanischer Roman über Identitätskrisen, den Umgang mit der eigenen Vergangenheit und dem alltäglichen japanischen Rassismus zum Beispiel gegen Koreaner oder Chinesen. Gleichzeitig konfrontiert uns Hirano mit philosophischen Fragen: was prägt den Menschen, ist es seine Herkunft, seine Abstammung oder das Leben, das er selber wählt? Was macht Liebe aus? Das liest sich stellenweise fast emotionslos – ein typisch asiatischer Schreibstil – und ist an anderer Stelle von unglaublicher Poesie. Dabei zieht der Roman seine Spannung nicht aus einer temporeichen Handlung, sondern aus den unterschiedlichen, tragischen Lebensläufen der Protagonisten und den tiefen Einblicken in die Seele der Menschen.

Mein Fazit: Ein raffinierter und äußerst interessanter moderner japanischer Roman. Sehr lesenswert!