Identitätsverwirrung

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Das Leben eines Anderen" von Keiichirio Hirano hat mich von der Thematik, um die vordergründig geht, gleich angesprochen: Was, wenn ein Mensch, den man glaubt wirklich gut zu kennen, sich am Ende als jemand anders herausstellt? Was bewegt einen Menschen überhaupt dazu, einen Identitätstausch vorzunehmen?

Dies ist der Anlass, warum Rie, eine ehemalige Klientin, nach dem Tod ihres Ehemannes Kontakt zum Scheidungsanwalt Akira Kido aufnimmt. Im Zuge der üblichen Formalitäten infolge des Todesfalls hat sie leider feststellen mussen, dass Ihr Mann Daisuku eigentlich gar nicht existiert. Was für eine schockierende Erkenntnis, jahrelang mit jemand verheiratet gewesen zu sein, mit ihm ein gemeinsames Kind zu haben und dann mit der Tatsache konfrontiert zu werden, dass dieser Mensch nicht Dasiuku war; er nirgends als solcher registriert ist. Welch ein Schock, mit einem letztlich Fremden liiert gewesen zu sein! Doch wenn Daisuku nicht Daisuku war, stellt sich natürlich die Frage, wer war er dann? Aufgabe des Scheidungsanwaltes ist es, dies herauszufinden. Je mehr er sich mit dem Fall auseinandergesetzt, je mehr er über die Existenz eines Netzwerkes lernt, das auf Identitätstausch spezialisiert ist, desto attraktiver wird die Idee, jemand anders werden zu können, auch für Akira Kido...

Mit der spannenden Thematik des Identitätstausches hat mich das Buch gecatched. Ich fand es sehr spannend über dessen Bedeutung innerhalb der japanischen Gesellschaft zu lesen. Mit dem Schreibstil kam ich persönlich gut klar. Man muss sich als europäischer Leser vielleicht bewusst sein, dass in Japan die "Mentalität" eine andere ist und dies sich eben auch im Schreibstil des Autoren widerspiegelt. Der etwas distanzierte und emotionslos wirkende Ton mag ansonsten für Befremdung sorgen. Hilfreich, sich vor Augen zu führen, dass in asiatischen Kulturen auch der Kommunikationsstil ein anderer ist, Manches nicht direkt ausgesprochen wird. Dann, denke ich, ist man weniger enttäuscht, wenn man nicht alle erwarteten Details zum Identitätstausch un dessen Hintergründen erfährt. Auch ich hätte noch gerne mehr darüber erfahren und hätte dies spannender gefunden, als der stärkere Fokus auf die Ermittlungsarbeit des Anwaltes und dessen Folgen. Diese Schilderungen empfand ich zum Teil als etwas langatmig. Interessant dabei fand ich aber widerum, wie die Recherche des Anwaltes schließlich aber auf ihn übergreift und ihn zu verändern droht...

Alles in allem kann ich das Buch empfehlen, besonders wenn man bereit ist, sich auf fremde Kulturen und damit verbundene 'fremde' Denkweisen und Schreibstile einzulassen.