Identitätswäsche

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gabriele 60 Avatar

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Kann man ein anderes Leben als sein eigenes leben? Kann man seine Identität verändern? Ja, man kann. Zumindest in diesem Roman. Wie es dazu kommt, wie es geht und was es für Auswirkungen hat, wird in diesem Tätigkeitsbericht eines Anwalts ausführlich erläutert.

Rie hatte nicht viel Glück in ihrem Leben. Nach dem viel zu frühen Tod ihres Sohnes zerbrach die Ehe und dann starb auch noch ihr Vater. Erst als ihr Daisuke begegnete, begann ihr Leben glücklich zu werden. Nach drei Jahren und neun Monaten verlor sie ihn durch einen Arbeitsunfall und ein Jahr später musste sie erfahren, dass er nicht derjenige war, für den er sich ausgegeben hatte. Warum hatte er ihr nicht die Wahrheit gesagt? Wie soll sie herausfinden, wer nun eigentlich gestorben ist? In ihrer Not wendet sie sich an den Anwalt, der ihre erste Ehe geschieden hat.

Kido beginnt zu recherchieren und vertieft sich in das Detektivspiel. Als Leser erfährt man viel über die japanische Kultur, über Familienregister und Fremdenfeindlichkeit gegenüber Koreanern. Wir reisen mit dem Anwalt quer durchs Land und lernen unterschiedliche Lebensläufe kennen. Das ist interessant und spannend.

Es gibt auch einige nachdenkenswerte Episoden. Kido macht sich beispielsweise klar, wie ihn seine Suche nach der Wahrheit von seinem eigenen Leben ablenkt. „Es ist so, … , als würde ich einen Roman lesen und beim Lesen meinem eigenen Schmerz begegnen.“ (Seite 263). An einer anderen Stelle wird deutlich, wie wenig Menschen, die täglich zusammen leben, voneinander wissen und welche Erleichterung es bedeutet, wenn sie mehr voneinander erfahren.

Trotzdem hat mir das Buch nicht gefallen. Vor allem zu Beginn ist es geschrieben wie ein distanzierter Bericht, in dem viele Erklärungen nötig waren. Bei mir wurden keine Gefühle lebendig, ich schaute nur von außen zu. Die vielen japanischen Städte- und Personennamen erschwerten mir zudem den Lesefluss. Manche Sätze musste ich zweimal lesen, um sie überhaupt zu verstehen. Deshalb vergebe nur 3 Sterne.