Wer war ich, wer bin ich, und wer werde ich sein, wenn ich sterbe?

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buecherfan.wit Avatar

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Eine junge Frau namens Rie verliert ihren Ehemann nach nicht einmal vier glücklichen Ehejahren durch einen Arbeitsunfall. Obwohl ihr Mann vor vielen Jahren den Kontakt zu seiner Familie abgebrochen hatte, trifft sie ein Jahr später ihren Schwager, der ihr sagt, dass der Mann auf den Fotos nicht sein Bruder Daisuke Taniguchi ist. Sie wendet sich an den Anwalt Akira Kido, der sie acht Jahre zuvor bei der Scheidung von ihrem ersten Mann vertreten hatte. Jetzt möchte sie herausfinden, wer ihr Mann und Vater ihrer Tochter wirklich war. Die Nachforschungen dauern über ein Jahr. Kido ermittelt in zwei Richtungen: er sucht nach der wahren Identität des Verstorbenen und versucht, den echten Daisuke zu finden. Dabei stößt er auf einen Kriminellen, der vor seiner Inhaftierung mit Identitäten und Fälschungen der amtlichen Personenregister handelte. Viele seiner Kunden haben dabei ihre Identität mehrfach getauscht, was die Ermittlungen weiter erschwert. Kido kniet sich so in den Fall, dass nicht nur seine Ehe in eine schwere Krise gerät, sondern er auch die eigene Identität zunehmend hinterfragt. Die Vorstellung, ein anderer zu werden, ein neues, anderes Leben zu beginnen, erscheint ihm immer attraktiver, zumal er eine ganz besondere Vorgeschichte hat: Er ist ein Japaner mit koreanischen Wurzeln, ein Zainichi in der dritten Generation. Obwohl er selbst zumindest als Erwachsener nicht Opfer von Diskriminierung und Fremdenhass geworden ist, sieht er den wachsenden Extremismus in der japanischen Gesellschaft mit großer Sorge. Eines Tages stellt er sich probeweise dem Schriftsteller in einer Bar unter falschem Namen vor, was den Autor dazu veranlasst, ihn zu seinem Protagonisten in einem neuen Roman zu machen. Dies erfährt der Leser in einem Prolog.
Der vorliegende Roman ist kein Pageturner, aber interessant genug, um sich selbst diese Fragen zu stellen: Was macht unsere Identität aus? Wie lebt es sich mit einer Lüge? Würde ein anderer mit meiner Identität ein besseres Leben führen? Könnte ich mit einer neuen Identität meinem Schicksal entgehen? Mir hat der Roman gefallen, weil er viele Facetten der japanischen Gesellschaft zeigt: das komplizierte System der Familienregister, Massaker an der koreanischen Minderheit und ihre andauernde Diskriminierung, die tiefgreifenden Folgen von Erdbeben und Tsunamis usw. Lediglich die sprachliche Qualität der deutschen Übersetzung hat mich mehrfach gestört.