Die Höherwertigkeit des Dialekts

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owenmeany Avatar

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An Georg Ringsgwandl können sich die Geister schon scheiden, wenn er mit grellblauem Lidschatten, mit Badekappe und Badehosen über den farbigen Leggins auf die Bühne stapft und schrill seine Lieder vorträgt. Ließe man sich davon abschrecken, würde einem ein über die Maßen erheiterndes Erlebnis entgehen. Die von der Kritik hochgelobte Aufnahme "Gache Wurz'n" entbehrt naturgemäß des optischen Eindrucks - ich hatte akustische Verständnisschwierigkeiten wegen des Dialekts. Schon aus diesem Grund finde ich es reizvoll, seine Texte zu lesen - aber halten diese, auf eine Dimension reduziert, noch stand?

Ein politischer Kabarettist ist der ehemalige Arzt ja nicht, seine Angriffsstellen findet er reichlich im täglichen zwischenmenschlichen Kleinkrieg. Anders als bei seinen Liveauftritten kommt das Lokalidiom nur sehr reduziert durch, was die Lesbarkeit natürlich fördert. Nichts Menschliches ist ihm fremd, so spielt er auch mit Elementen wie Darmwinden, Nasenauswurf und Schlimmerem bis über die Ekelgrenze hinaus. Das ist in derartig realitätsnahe, treuherzige Dialoge und innere Monologe verpackt, dass ich bei den ersten Geschichten laut herauslachte. Ganz subtil treibt er Absurditäten auf die Spitze in der verknappten Form der Anekdote z.B. vom Bonboneinwickelpapier.

Wie allerdings bei solchen Sammlungen zu befürchten, hält sich die Qualität nicht durchgängig. Bei einem Roman zieht sich der Spannungsbogen idealerweise bis zum Ende, bei der Kleinform besteht die Gefahr des Ermüdungseffekts. Oder es muss für jeden etwas dabei sein, und die Geschmäcker sind verschieden. Manches gegen Ende hin fand ich dann einfach nur blöd und an den Haaren herbeigezogen.

Trotzdem kann ich die Lektüre allen empfehlen, die mit den Mitteln des Humors ihre durch die Lektüre politische Correctness verströmender Periodika verkrampfte Weltsicht entspannen möchten. Vielleicht regt sie das an, den Kabarettisten auch einmal in persona zu erleben.