Die Frau des Winzers - gefühlvolle Zeiten voller Tragik

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
evelynm Avatar

Von

Frankreich 1940:
Inès, die Frau des Winzers Michel, lebt auf Chaveau mit ihrem Mann und wenigen Angestellten. Der zweite Weltkrieg kommt immer näher und erreicht schließlich die Idylle in den Weinbergen. Inès ist nicht glücklich, denn sie hat kein Händchen für die Arbeiten auf dem Weingut – im Gegensatz zu Céline, die dort arbeitet. Sie liebt das Leben dort und kennt sich in allen Bereichen der Weinherstellung perfekt aus. Neben ihr kommt sich Inès unzulänglich und tollpatschig vor. Als Inès schließlich herausfindet, dass Michel sich der Résistance angeschlossen hat, will sie ihm helfen und versucht, endlich nützlich zu sein und ihren Mann zu unterstützen.

Die Résistance kommt hier nur am Rande der Geschichte zur Sprache, was ich schade finde, denn ich hatte mir ein paar gefährliche Situationen gewünscht. So kommen das Verstecken von Flüchtlingen und Waffen etwas zu kurz. Dafür werden die Gefühle und vor allem die Handlungen von Inès sehr lebendig beschrieben. Sie ist naiv und unsicher, findet ihren Platz auf dem Weingut nicht und lädt durch eine Dummheit große Schuld auf sich. Diese wirkt lange nach und hat ungeahnte Folgen für viele Menschen.

In einem zweiten Handlungsstrang erleben wir Liv und ihre ungewöhnliche Großmutter Edith, die ihre Enkelin nach deren Trennung von Eric aus der Trauer reißt und kurzerhand nach Paris „entführt“. Die beiden Frauen sind nicht nur unterschiedlich, sondern auch Welten voneinander entfernt. Grandma Edith ist streng, unnachgiebig und geradlinig. Jedoch verbirgt sie etwas vor Liv, die auf taube Ohren bei ihr stößt. Liv möchte wissen, warum sie plötzlich auf dem Weingut Chaveau landet und was Edith vor ihr verbirgt. Ganz nebenbei trifft Liv dabei auf den Anwalt ihrer Großmutter. Julien Cohn respektiert den Willen von Edith und hilft Liv trotzdem, der Vergangenheit des Weingutes auf die Schliche zu kommen.

Zunächst scheinen die beiden Handlungssträng zusammenhanglos nebeneinander her zu verlaufen. Doch im Laufe des Romans kristallisieren sich die Verbindungen zwischen den Charakteren heraus. Mit viel Gefühl und Gespür für die französische Landschaft, den Weinbau und die Charakter, sowie die Emotionen der Protagonisten erzählt Kristin Harmel eine tragische Geschichte von Liebe, Verrat, Eifersucht und den Schrecken des 2. Weltkrieges. Es ist ein berührendes und gefühlvolles Buch, das mir gut gefallen und mir schöne Lesestunden bereitet hat. Nur Inès hat mich nicht wirklich erreicht. Ihr Wesen blieb mir fremd und doch konnte ich auch etwas Verständnis für sie aufbringen. Liv und ihre Grandma haben mich dagegen von Anfang an in ihren Bann gezogen.

Das Buch ist schön gestaltet. Die bunten Weinblätter und Reben finden sich am Anfang eines jeden Kapitels und bilden somit ein schönes Gesamtbild. Zudem finde ich es schön, wie die Kapitelüberschriften die Sicht von Liv, Inès, Céline auf das Geschehen wiedergeben. Männer sind im Roman nur Nebenfiguren und somit entsteht der weiblich Blick auf die Geschehnisse dieser Zeit. Die Anmerkung der Autorin zum Champagner ergänzt das Buch und ist sehr interessant. Somit steckt auch noch eine Menge Wissen im Buch.