Großartiger Schicksalsroman einer Winzerfamilie im 2. Weltkrieg - hat mich emotional sehr aufgewühlt. Ganz großes Kino!

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kleinervampir Avatar

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Buchinhalt:

Frankreich zur Zeit des 2. Weltkriegs: Zusammen mit seinem Kellermeister Théo und dessen Frau Céline versteckt der Winzer Michel auf seinem Weingut in der Champagne Waffen für die Résistance und jüdische Flüchtlinge. Als seine Frau Inès herausfindet, dass Michel mit Céline ein Verhältnis hat, lässt sie sich zu einer Tat hinreißen, die das Schicksal des Weinguts und seiner Bewohner für immer nachhaltig verändert.

70 Jahre später reist die junge Liv mit ihrer Großmutter ebenfalls in die Champagne – was sie nicht weiß: die Reise ist eine Reise in die Vergangenheit ihrer Großmutter und in ihre eigene….




Persönlicher Eindruck:

Mit „Das letzte Licht des Tages“ ist der Autorin ein wahrhaft tiefschürfender, emotional aufwühlender Schicksalsroman gelungen, der beim Leser für schlaflose Nächte und Nachdenken sorgt. Schauplatz ist das Weingut Chauveau, Wiege erlesener Weine und edlen Champagners – und das Zuhause von Michel und seiner Ehefrau Inès.

Während Michel für seinen Wein lebt und in Kellermeister Théo und dessen Frau Céline Gleichgesinnte gefunden hat, hat Inès kein Händchen dafür und liebt stattdessen das Savoir Vivre in der Stadt. Als Inès eines Tages dahinter kommt, dass ihr Ehemann Waffen und auch Flüchtlinge in den verzweigten unterirdischen Kellern versteckt, entscheidet sie sich für ihren Gatten, lässt sich aber zu einer schwerwiegenden Tat hinreißen, als sie dahinter kommt, dass Michel in Céline eine Seelenverwandte sieht und mit ihr ein Verhältnis hat.

Der Autorin gelingt es vortrefflich, die Champagne vor dem inneren Auge des Lesers sichtbar zu machen, die handelnden Personen entwickeln sich im Laufe des Romans nachvollziehbar und nehmen den Leser mit in eine dunkle Zeit europäischer Geschichte. Dabei stehen Themen wie persönliche Schuld und deren Auswirkungen sowie Sühne für das, was sich nicht mehr ändern lässt, im Vordergrund.

Hauptfigur ist unbestritten Inès, die mit ihrem Tun das Schicksal aller Bewohner des Weinguts für immer verändert. Sie büßt ein Leben lang für das, was durch ihre Tat entstand. Es sei dahingestellt, ob man sie dafür hasst, mit ihr Mitleid hat oder Teile ihrer Handlungen eventuell nachvollziehen kann – ich war von Anfang bis Ende gefesselt von dem, was die Geschichte bietet. In meinen Augen steigert sich der Spannungsbogen im Lauf der Handlung aufs Äußerste und hält am Ende mehrere spannende Wendungen bereit, die bis zum Schluss mehrere Aha-Effekte liefern.

Die Geschichte spielt in zwei Zeitlinien, die sich gegen Ende zu einer vereinen. Gemeinsam mit Liv, jener Enkelin, die sich zusammen mit ihrer Großmutter auf eine Reise zu den Stätten aus deren Jugend begibt, erfährt man als Leser Stück für Stück die Details, die den Roman schließlich zu Livs eigener Geschichte machen. Dabei spielen Liebe und Verrat, Sühne und Tod, aber auch Hoffnung und Neuanfang eine tragende Rolle.

Eine absolute Leseempfehlung für alle, die Wert legen auf tiefgründige, oft auch nicht wirklich leichte Kost. Denn der Roman ist kein Buch, das man mal so zwischendurch weg liest. Man muss sich schon darauf einlassen, um sich seiner ganzen Fülle auch wirklich bewusst zu werden.

Insgesamt war der Roman für mich ganz große Erzählkunst, bei der sich am Ende alle Puzzleteile zu einem stimmigen Ganzen vereinen, so dass ich abschließend nur eins sagen kann: Wow!