Schwacher Anfang, aber berührendes Ende

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Direkt nach ihrer Scheidung wird Liv von ihrer Großmutter Edith abgeholt und reisen in die Champagne. Dort trifft sich Edith mit einem Anwalt und möchte Liv etwas mitteilen, was ihr aber alles andere als leicht fällt. Fast am selben Ort 1940 wohnen Inès und Céline mit ihren beiden Männern auf dem Weingut Chauveau. Bald schon ist Frankreich von den Deutschen besetzt, welche das Land und die Leute immer mehr einschränken und von ihnen fordern.

Das Buch wird aus der Sicht von den drei Frauen erzählt, Liv berichtet in der Gegenwart und Inès und Céline in der Vergangenheit, was mir das Lesen zu Beginn aus einem bestimmten Grund sehr schwer gemacht hat. Liv ist sehr redselig und wenn sie auch immer wieder ihre Großmutter fragt, was sie nun hier in Frankreich wollen, so rückt die alte Dame doch nicht wirklich mit der Sprache raus. Außerdem ist Edith sehr exzentrisch, fährt Liv immer wieder an und ist sehr rigoros und streng. Die beiden Frauen in der vergangenen Zeit schildern zwar das Leben auf dem Weingut und die Beziehung zu ihren Männern, aber eben auch oft genug die untereinander. Leider mögen sich die beiden nicht besonders und ich musste oft lesen, was sie voneinander denken und aneinander nicht ausstehen können. Das machen alle Hauptcharaktere für mich nicht unbedingt einnehmend. Sympathisch fand ich die Figuren schon, nur hab ich sie selbst nicht sonderlich ins Herz geschlossen, sodass der Beginn des Buches überhaupt nicht fesselnd war und ich oft schon widerwillig zum Buch griff. Das Schicksal der Nebencharaktere hat mich das ganze Buch hinweg oftmals mehr berührt.

Doch abgesehen davon ist die Geschichte gut zu lesen und auch recht spannend. Mit Liv und ihrer Großmutter erkundet der Leser die Stadt Reims und die Kulisse der Weinberge rundherum, wodurch man auch den Spuren der Vergangenheit nahe kommt. Bei Inès‘ und Célines‘ Kapiteln erfährt man sehr viel Informatives über den Weinanbau und die Champagnerherstellung, außerdem spielen auch ihre Liebesleben eine große Rolle. Der einzige Buchcharakter, dessen Verhalten für mich anschaulich und verständlich dargestellt wird, sodass ich dessen Schicksal wirklich fesselnd empfand, ist Inès. Trotz ihrer Fehler und fehlender Begabung für das Weingut empfinde ich sie als sehr bemüht, stark und sie gibt nie auf. Im Verlauf der Geschichte geschehen einige Dinge, die ich schon vorhergesehen habe. Auch die sich entwickelte Beziehung zwischen Liv und dem Anwalt ihrer Großmutter habe ich kommen sehen, wobei diese schon sehr schnell und offensichtlich vorhanden war und leider auch oft sehr plump ist.

Besonders schön an der Geschichte war die Beschreibung der Stadt Reims und dem Weingut Chauveau. Die Protagonisten sind dort sehr oft unterwegs, was sehr anschaulich beschrieben wird, sodass ich schon bald all die Schauplätze vor meinem inneren Auge gespeichert hatte. Durch Livs Streifzug durch Reims erfährt man auch sehr viel Geschichtliches über die französische Stadt, sowie deren hübsches Stadtbild.

Das Ende hatte es in sich, denn es kam sogar ein Aspekt ans Licht, den ich nie hätte kommen sehen. Vor allem die Verbindung von Gegenwart und Vergangenheit und das große Geheimnis dahinter sind sehr berührend. Ich musste sogar einige Tränen verdrücken, so traurig, herzergreifend, tragisch und emotional waren die Geschehnisse sowohl in der Gegenwart als auch Vergangenheit. Trotzdem endet das Buch sehr zufriedenstellend.


Fazit:
„Das letzte Licht des Tages“ macht es einem anfangs wegen der Buchfiguren überhaupt nicht leicht, es zu lieben. Erst im Laufe der spannenden Geschichte habe ich mich hineingefunden und sie konnte mich vor allem aufgrund von Inès einnehmen. Einige Aspekte waren sehr offensichtlich, aber den großen Knall am Ende habe ich doch nicht kommen sehen. Das Buch wird mit einem sehr emotionalen Ende und schöner Beschreibungen der Stadt Reims und den umliegenden Weinbergen abgerundet. „Das letzte Licht des Tages“ ist insgesamt ein ganz gutes Buch, aber Kristin Harmel kann es eigentlich noch viel besser.