Ein Denkanstoß

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lese-esel Avatar

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In diesem auf Tatsachen basierenden Roman kann ich die Heldin nur noch für ihre emotionale Kraft bewundern, mit der sie ihr Leben gemeistert hat.
Ein Leben überreich an Qualen und seelischer Not unter der so mancher zusammengebrochen wäre.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich im ersten Drittel des Buches manche Textpassagen nicht gelesen habe, weil die dort geschilderte Grausamkeit jenseits meiner Vorstellungskraft liegt. Dieses Buch eignet sich nicht als Bettlektüre vorm Einschlafen.
Auf der anderen Seite halte ich es für enorm wichtig, solche Geschichten in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken, denn es zeigt auf, was ein Mensch aushalten kann (nicht muss!) und macht deutlich auf welchem Niveau das "Leiden" der Menschen in Erste-Welt Ländern liegt. Was heute als Zumutung empfunden wird ist lächerlich und fast beschämend verglichen mit dem Leid von Anna aus dem hier rezensierten Roman.
Niemand wünscht irgendjemandem das durchmachen zu müssen, was Anna durchgemacht hat, aber wenn es gelingt, die Augen dafür zu öffnen, dem eigenen Leid einen Maßstab anzulegen. Sich vielleicht zu fragen, wie schlimm man tatsächlich dasteht, verglichen mit dem, was an Leid tatsächlich möglich ist. Nicht, dass nicht jeder das eigene Leid als besonders schlimm empfindet, aber angesichts von dem, was möglich ist, sollte niemand sein Leid egoistisch in den Mittelpunkt stellen. So nach dem Motto: mein Leid ist schlimmer als deins.
Ist es das wirklich?
Ich denke, der Leser sollte die Geschichte von Anna als Messlatte nehmen und sich fragen: Wie sieht es wirklich aus mit meinem Schicksal? Sollte ich meine Person vielleicht nicht als das Zentrum des Universums betrachten, dem ständig "Leid" zugefügt wird, weil es nicht nach seinem Willen läuft?