Hat mir nicht gefallen. Unnahbare Figuren, banaler Schreibstil, eine Menge Gewalt und Ungereimtheiten. Lohnt sich nicht.

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kleinervampir Avatar

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Buchinhalt:

1944: bewaffnete Partisanen fallen in das Dorf Lazarfeld im Banat ein und verschleppen die deutsche Bevölkerung der Banater Schwaben. Darunter auch die 5jährige Anni, die mitansehen muss, wie ihre Mutter zusammen mit anderen arbeitsfähigen Frauen in einen Waggon Richtung Sibirien geworfen wird. Allein Annis Oma versucht, das Kind zu beschützen – ganz so, wie sie es ihrer Schwiegertochter versprochen hat. Anni wird in ein Todeslager für Kinder verschleppt, wo sie einem ungewissen und grausamen Schicksal entgegen sieht. Allein ihre Hoffnung, die Oma möge alles richten, hält das Mädchen noch aufrecht....


Persönlicher Eindruck:

Das Buch wird beworben mit der wahren Geschichte, die dem Roman innewohnt. Doch bereits im Vorwort relativiert Autorin Lind diese Erwartung wieder, stellt das Fiktive und die künstlerische Freiheit bei der Erschaffung ihrer Geschichte in den Fokus der Leserschaft. Ja was denn nun? Es soll die tragische Lebensgeschichte der real existierenden Anni Eckhard sein, die hier beschrieben wird. Doch ist das so recht glaubhaft? Ich meine, nein.

Der Schwerpunkt der Geschichte liegt von Anfang bis Ende auf furchtbaren Gräueltaten, die Russen und jugoslawische Partisanen der deutschen Bevölkerung des Banats antun und die die Autorin auch in aller Ausführlichkeit beschreibt. Gewalt, Brutalität und Tod sind das Grundgerüst, auf dem sich dieser – sagen wir mal: an die Realität angelehnte – Roman bewegt. Die Geschichte versucht auf zwei derzeit angesagten Wellen mitzureiten: Romanbiografie und Weltkriegsroman. Dennoch spricht die Autorin gleich im Vorwort davon, dass ihre Geschichte „keinen Anspruch auf Faktizität“ erhebt. Für mich ein absoluter Widerspruch.

Der Schreibstil gleicht einem Kinderbuch und lässt jedwede Raffinesse vermissen. Die Autorin verwendet das ganze Buch hindurch immer und immer wieder dieselben Worthülsen wie „die liebe Oma“ und „die armen Frauen“, ohne auch nur einmal ein synonymes Wort in Betracht zu ziehen. Traut sie ihrer Leserschaft nicht zu, mit ein wenig ausgefeilteren Formulierungen umgehen zu können? Die Banalität der verwendeten Sprache passt ebenfalls nicht zur Brisanz des Themas.

Einige Dinge innerhalb der Erzählung waren für mich absolut unglaubwürdig. Als Anni auf den Kindertransport in das Lager kommt, fährt ihre Großmutter mit. Später darf Anni jeden Sonntag ihre Großmutter am Zaun sehen, sogar Zeit mit ihr verbringen. Warum nur Anni dieses Privileg zukommt, erfährt man nicht. Natürlich ist es ein Mittel, die spätere Flucht des Mädchens irgendwie glaubhaft zu machen, aber ich empfand das nicht sonderlich authentisch.

Ebenso unglaubwürdig empfand ich, dass sich die Partisanen / Russen überhaupt die Mühe machen, (Klein-)Kinder auf die beschwerliche Reise in ein Todeslager zu schicken, nur damit sie dort einen qualvollen, siechenden Tod sterben sollten. Warum die Mühe? Warum töten die Männer die Kinder nicht schon vor Ort ? Auch davon liest man bis zum Schluss nichts.

Der Roman beinhaltet mehrere Zeitebenen und schildert die Geschehnisse aus mehreren Perspektiven. Neben Anni hat auch deren Mutter, die in ein Arbeitslager nach Sibirien verschleppt wurde, mehrere Kapitel. Leider blieben alle Figuren bis zum Schluss distanziert.

Die unsystematischen Zeitsprünge zwischen Weltkrieg, Gegenwart und der Kindheit von Annis Mutter taten dann noch das Ihrige, den Leser vollends zu verwirren und jeden auch noch so kleinen Spannungsbogen zunichte zu machen. An vielen Stellen wirkte das, als hätte die Autorin selbst keinen richtigen Überblick über ihren Plot gehabt.

Insgesamt war das Buch für mich ein Flop auf ganzer Linie. Verglichen mit anderen Romanen zu diesem Thema lohnt sich dieses Werk absolut nicht. Keine Empfehlung, schade um die Lesezeit!