Schonungslose Realität
2017 habe ich im Kino den Film „Sami – A tale from the North“ von Amanda Kernell angeschaut, ursprünglich, um meine Schwedisch-Kenntnisse ein wenig zu trainieren. Ich hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass mich der Film noch tagelang beschäftigen würde – ich war erschrocken und beeindruckt – da ich mich davor eigentlich nicht mit der Thematik beschäftigt habe. Deshalb ist mir die Problematik, mit der sich die Sámi konfrontiert sehen, nicht gänzlich neu. Trotzdem konnte ich beim Lesen noch so einiges dazu lernen, gerade was die Rechte und Strukturen innerhalb der Bevölkerung betrifft.
Die 9-jährige Elsa wohnt mit ihrer Familie, die von der Rentierzucht lebt, in einem Sameby im Norden Schwedens. Als sie mit ansehen muss, wie ihr geliebtes Rentierkalb Nástegallu von einem Schweden -der ihr zudem noch damit droht, sie umzubringen, sollte sie ihn verraten- getötet wird, verändert sich ihr Leben für immer. Fortan lebt sie in Angst, die mit den Jahren in Wut und Verzweiflung umschlägt, welche ihr jedoch auch die Kraft geben, für ihren Platz in dieser bedrohten Welt zu kämpfen.
Ohne Zweifel ist der Roman „Das Leuchten der Rentiere“ (Orig.: Stöld) von Ann-Helén Laestadius, welche selbst gebürtige Sámi ist, sehr atmosphärisch und dicht. Beim Lesen fühlt man sich sogleich mitten in die verschneite Landschaft Nordschwedens versetzt und man sieht praktisch die Mückenschwärme, die im Sommer in Massen unterwegs sind. Die Autorin bringt den Lesenden den unermüdlichen Kampf gegen den Untergang der samischen Kultur und Sprache, die Machtlosigkeit der Sámi, die Konflikte mit der schwedischen Bevölkerung und den Rassismus und die Vorurteile, denen sie ausgesetzt sind, näher. Elsa ist dabei eine sehr starke Protagonistin, deren innere Spannungen sehr bildlich und versinnbildlichend dargestellt werden. Die Erzählung ist schonungslos, gerade was Tierquälerei und Gewalt betrifft; ich musste ab und zu eine Lesepause machen. Gut finde ich auch, dass die Autorin vor Kritik an ihrer eigenen Kultur nicht haltmacht und zum Beispiel die sehr patriarchalisch geprägten Machtgefüge thematisiert.
Ab der Hälfte des Buches hatte ich das Gefühl, dass sich die Handlung etwas in die Länge zieht. Auch die Sprache kam mir zäher vor, so dass der Lesefluss bei mir ins Stocken kam. Dafür fand ich dann den Schluss wieder sehr gelungen und versöhnlich.
Der Originaltitel (übersetzt: Gestohlen) drückt für mich die ganze Machtlosigkeit der Sámi aus: Die misshandelten und getöteten Rentiere der Sami werden nur als gestohlen gemeldet; so wird nach damaliger (und aktueller?) Rechtslage diese Straftat nicht weiterverfolgt und die Anzeigen verjähren. Deshalb hätte ich es gut gefunden, wenn der deutsche Titel näher am Original wäre.
Fazit: Wer auch einmal eine andere Seite von Schweden abseits der Bullerbü-Romantik kennenlernen will, sollte unbedingt dieses Buch lesen
Die 9-jährige Elsa wohnt mit ihrer Familie, die von der Rentierzucht lebt, in einem Sameby im Norden Schwedens. Als sie mit ansehen muss, wie ihr geliebtes Rentierkalb Nástegallu von einem Schweden -der ihr zudem noch damit droht, sie umzubringen, sollte sie ihn verraten- getötet wird, verändert sich ihr Leben für immer. Fortan lebt sie in Angst, die mit den Jahren in Wut und Verzweiflung umschlägt, welche ihr jedoch auch die Kraft geben, für ihren Platz in dieser bedrohten Welt zu kämpfen.
Ohne Zweifel ist der Roman „Das Leuchten der Rentiere“ (Orig.: Stöld) von Ann-Helén Laestadius, welche selbst gebürtige Sámi ist, sehr atmosphärisch und dicht. Beim Lesen fühlt man sich sogleich mitten in die verschneite Landschaft Nordschwedens versetzt und man sieht praktisch die Mückenschwärme, die im Sommer in Massen unterwegs sind. Die Autorin bringt den Lesenden den unermüdlichen Kampf gegen den Untergang der samischen Kultur und Sprache, die Machtlosigkeit der Sámi, die Konflikte mit der schwedischen Bevölkerung und den Rassismus und die Vorurteile, denen sie ausgesetzt sind, näher. Elsa ist dabei eine sehr starke Protagonistin, deren innere Spannungen sehr bildlich und versinnbildlichend dargestellt werden. Die Erzählung ist schonungslos, gerade was Tierquälerei und Gewalt betrifft; ich musste ab und zu eine Lesepause machen. Gut finde ich auch, dass die Autorin vor Kritik an ihrer eigenen Kultur nicht haltmacht und zum Beispiel die sehr patriarchalisch geprägten Machtgefüge thematisiert.
Ab der Hälfte des Buches hatte ich das Gefühl, dass sich die Handlung etwas in die Länge zieht. Auch die Sprache kam mir zäher vor, so dass der Lesefluss bei mir ins Stocken kam. Dafür fand ich dann den Schluss wieder sehr gelungen und versöhnlich.
Der Originaltitel (übersetzt: Gestohlen) drückt für mich die ganze Machtlosigkeit der Sámi aus: Die misshandelten und getöteten Rentiere der Sami werden nur als gestohlen gemeldet; so wird nach damaliger (und aktueller?) Rechtslage diese Straftat nicht weiterverfolgt und die Anzeigen verjähren. Deshalb hätte ich es gut gefunden, wenn der deutsche Titel näher am Original wäre.
Fazit: Wer auch einmal eine andere Seite von Schweden abseits der Bullerbü-Romantik kennenlernen will, sollte unbedingt dieses Buch lesen