Bäumchen wechsel Dich

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Es gab eine Zeit, da liebte ich Afrika-Romane: die Weite der Landschaft, die Wildnis, eine Liebesgeschichte vor toller Kulisse - alles Bestandteile eines guten Schmökers. Das ist nun einige Jahre her und mein Lesegeschmack hat sich weiterentwickelt. Nun liegt "Das Leuchten des Fieberbaums" in meinem Briefkasten. Die Geschichte ist ähnlich wie in anderen Südafrika-Romanen, nichts Neues, aber doch schön geschrieben.

Frances, eine verarmte junge Dame aus gutem Hause, reist ins Land am Kap, um ihren ungeliebten Cousin zu heiraten. Ich konnte beim Lesen sehr gut nachvollziehen, warum Frances sich abgestoßen fühlt und den Mann einfach nicht lieben kann. Jennifer McVeigh gelingt es, die Gefühle der Protagonistin auf den Leser zu übertragen. Umso mehr erstaunt die nachfolgende Entwicklung der Geschichte, aber dazu später mehr. Die junge, unerfahrene Frances lernt auf dem Schiff nach Südafrika den charismatischen Lebemann William kennen und verliebt sich in ihn. Der Mann sieht etwas gefährlich aus, ist charmant und wickelt Frances um den Finger. Er wirkt wie ein afrikanischer Rhett Butler. Noch bevor das Schiff den Hafen erreicht, landet Frances in seinem Bett. Doch die Liebesgeschichte steht auf wackeligen Beinen, denn beide sind verlobt. Während Frances den ungeliebten und langweiligen Cousin Edwin heiratet und mit ihm in die unwirtliche Weite der Karoo zieht, löst William seine Verlobung. Frances Ehe wird nicht glücklich, sie kann sich weder mit ihrem Mann noch mit der kargen Landschaft und den Lebensbedingungen in Afrika anfreunden. Es gibt nur wenige, sehr kurze Momente der Nähe zwischen den Eheleuten. Edwin erscheint formlos, ich konnte ihn in diesem Teil des Buches überhaupt nicht greifen. Doch schnell zieht es den, wie es scheint sonderbaren, Arzt zurück nach Kimberley. Die Stadt ist ein Eldorado von Diamantenjägern, Schmugglern, Spekulanten und Glücksrittern. Frances fühlt sich hier noch weniger wohl, als in der Wüste. Noch dazu verbringt Edwin die meiste Zeit damit, einer Pockenerkrankung nachzujagen, die aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen keine sein soll. Frances trifft hier (wie es soll es anders sein) William wieder, den sie bis dahin nicht vergessen konnte. Ihre Gefühle sind noch die gleichen und nach einigem Hin und Her verlässt sie ihren Mann und läuft mit William davon.

Hier schlägt das Buch um, die so ungleichen Männer wechseln die Rollen. Der Langweiler Edwin wird zum charismatischen Helden, der sich für die Rechte und die Gesundheit auch der schwarzen Bevölkerung einsetzt. William zeigt zunehmend sein wahres, böses Gesicht. Diese Wende kommt so schnell, dass sie den Leser etwas ratlos zurücklässt, waren doch vorher keinerlei Anzeichen des netten, attraktiven Edwin und des charakterlosen William zu spüren. Irgendwie fehlt mir hier das Gefühl, die Wendung ist etwas zu schnell erzählt. Frances erkennt, dass sie William nicht liebt und lässt ihn allein weiterziehen. Sie sehnt sich so sehr nach Edwin, dass man beim Lesen fast Schmunzeln muss. Woher kommt diese Wendung? Wie dem auch sei, Frances will zurück zu ihrem heldenhaften Mann, der will sie aber nicht mehr und weist sie kalt ab. Es wird dem Leser aber leider nicht erlaubt, Einblick in die Gefühlswelt der Männer zu nehmen: -Was fühlt William? Hat er Frances nicht geliebt? Was geht in Edwin vor, als er Frances abweist und sich der schönen Clara zuwendet. Einer heroischen Mutter Theresa - die eigentlich viel besser zu ihm passt. Hier tritt er auch das erste Mal als leidenschaftlicher Liebhaber auf, der er bei seiner Ehefrau seltsamerweise nicht war.

Nach einer schweren Pockenerkrankung soll Frances zurück nach England. Sie ist von den Pockennarben entstellt und zutiefst traurig und kehrt zurück in die Karoo. Dort findet sie bei einer Bekannten eine Anstellung als Kindermädchen. Auch dieser Teil der Geschichte ist zu schnell erzählt. Frances lernt Kochen, Nähen und Hausarbeit und kümmert sich um die Kinder der Familie. In einer stürmischen Nacht trifft Frances Edwin wieder, sie bittet ihn um Verzeihung und beide besiegeln ihre Liebe mit einer leidenschaftlichen Nacht. Am Morgen danach ist Edwin verschwunden. Doch auch dieser Konflikt löst sich bereits wenige Seiten später. In einem Brief bittet Edwin Frances nach Kapstadt zu kommen, wo der einst mittellose Arzt zu einem angesehen Mitglied der Regierung aufgestiegen ist. Gibt es also doch noch ein Happy End für die etwas naive, nun durch schwere Arbeit gestärkte Frances.

Alles in allem ist die Geschichte wirklich schön geschrieben, allerdings kommt das Gefühlsspektrum etwas kurz. Wahrscheinlich sind 494 Seiten zu kurz, um die Irrungen und Wirrungen der Liebe zu erzählen und den Leser völlig in den Bann zu ziehen. So bleibt der Roman etwas einseitig und erzählt nur die Geschichte aus Frances Sicht. Das ist schade, denn der Roman hätte das Zeug zu einer wirklich tollen Liebesgeschichte. Dennoch: ein nettes Buch für gemütliche Abende auf dem Sofa.