Von Föhr nach Manhattan

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Eine Überfahrt über den Atlantik, zwei Frauen, ein Jahrhundert. In Das Licht in den Wellen erzählt Janne Mommsen die Geschichte von Inge Martensen, die mit fast hundert Jahren ein letztes Mal aufbricht. Begleitet von ihrer Urenkelin Swantje geht es per Schiff zurück nach New York, dorthin, wo Inges bewegtes Leben einst eine radikale Wendung nahm – und wo vielleicht auch für Swantje ein Neuanfang liegt.

Im Zentrum des Romans steht eine leise, eindringliche Lebensgeschichte: Inge, aufgewachsen als Bauerntochter auf Föhr, emigriert nach einem nicht näher benannten Einschnitt in jungen Jahren in die USA. Aus der Nordseetochter wird in Manhattan eine ambitionierte, humorvolle und kluge Frau, die mit Kartoffelsalat Herzen und Türen öffnet – bis hin zur Bewirtung prominenter Persönlichkeiten. Doch der Weg dorthin ist alles andere als einfach. Mommsen schildert ein Leben zwischen Anpassung und Selbstbestimmung, zwischen Heimweh und Neugier, zwischen Pflichtgefühl und Freiheitsdrang.

Was das Buch besonders macht, ist nicht allein der historische Stoff, sondern die Art, wie er erzählt wird: warm, klar, mit viel Gespür für Zwischentöne. Der Ton ist durchweg gefühlvoll, ohne ins Sentimentale abzurutschen. Dass der Roman sich über mehrere Zeitebenen entfaltet – Vergangenheit und Gegenwart, Erinnerungen und Erzählungen – funktioniert dank der Charaktere ausgesprochen gut. Besonders Inge ist eine Protagonistin, die man nicht mehr vergisst: lebensklug, widersprüchlich, mutig. Auch Swantje, die mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen hat, wird mit Sorgfalt gezeichnet – ihr inneres Ringen um Orientierung wirkt nie aufgesetzt, sondern glaubwürdig und berührend.

Das Licht in den Wellen ist ein Roman über Abschiede und Aufbrüche, über das Weitergeben von Erfahrungen und die Kraft, die aus der eigenen Geschichte erwachsen kann. Ein Buch, das Mut macht – nicht, weil es einfache Lösungen bietet, sondern weil es zeigt, wie viel in einem Leben steckt. Und wie befreiend es sein kann, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen – egal, ob mit 20 oder mit 99.