Lebensgeschichten in deutscher Geschichte informativ und spannend

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maatj68 Avatar

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Herbstliche Eichenblätter und eine eigenwillige Schriftform zieren das Buchcover von Michaela Becks Familiengeschichte über Epochen deutscher Geschichte hinweg. Untertitel: Eine deutsche Familiengeschichte. Die eigenwillige Schreibweise findet sich auch in der Leseprobe wieder, nicht nur formal, sondern auch inhaltlich - ist sinngebend.

Sinngebend ist sicher auch das Einstiegsgedicht über die Liebe (ohne jeden Kitschfaktor), die ins Leben derer, die in die Welt hineingeworfen sind, bei allen Schicksalsschlägen Licht bringen kann.

Beim Hineinlesen habe ich mich einen Moment an Carl Zuckmayers Theaterstück "Der Hauptmann von Köpenick" erinnert gefühlt - möglicherweise, weil die Autorin (sie schreibt u. a. auch Drehbücher) ähnlich bildhaft und hintergründig Lebensschicksale erzählt.

Zugleich dicht in den Informationen über die drei Epochen deutscher Geschichte, ist die Darstellung durch die persönliche Sicht der Figuren gefiltert. Wie nebenbei lässt Beck durch die Beschreibung und Erzählung der Lebensumstände ihrer Figuren, die ihrer Zeit ausgeliefert scheinen, Geschichte lebendig werden. Die Leseprobe wirkt klug gewählt, gibt sie doch Einblick in die Leben-Geschichten. Da ist zunächst Konrad, der 1919 nach dem Ersten Weltkrieg im Hof eines Berliner Hinter-Hinterhauses am Prenzlauer Berg auf Selma trifft und wie verzaubert ist von dem Mädchen aus reichem Hause, das einen Kriegsveteran begleitet. Dann ist da Brigitte, die 1950 in einem Dorf in Mecklenburg lebt, in dem die russische Besatzungsmacht präsent ist, Altnazi-Lehrer entfernt werden. Brigitte hat ein besonders enges Verhältnis zu ihrem Bruder Johannes hat, der als Pimpf in den letzten Kriegstagen das Land verteidigt hat. Als beide einen Übungskuss wechseln, erkennt Johannes, dass er diese Nähe nicht mehr zulassen sollte.
André lebt 1976 in Ostberlin. Er ist der Adoptivsohn eines Olympioniken, der das Kader der Turmspringer trainiert. Der Junge musste seine ersten "Eltern" im Erzgebirge verlassen, weil er über seine Albträume in der Öffentlichkeit sprach. Sein neuer Ziehvater ist ganz linientreu und skrupellos, aber die Alternative wäre das Kinderheim. Die Autorin deutet an, welches Schicksal Andrés leibliche Eltern erlitten haben, welche angeblich bei einem Unfall in Bulgarien ums Leben kamen.

Hier bricht die Leseprobe ab ... man möchte weiterlesen, nicht nur, um zu wissen, was im Leben von Konrad, Brigitte und André geschieht und was sie verbindet.