Einzigartig
In ihrem Werk "Das Lieben danach" entfaltet die siebzigjährige Autorin Helene Bracht eine persönliche Geschichte, die jahrzehntelang im Verborgenen lag. Sie eröffnet einen bemerkenswerten Raum der Reflexion über Erfahrungen, die viele Menschen teilen, aber selten aussprechen: die Verletzungen im Bereich der Liebe und Sexualität, die nicht einvernehmlich geschahen.
Bracht nimmt uns mit auf eine Lebensreise, die von der Verdrängung traumatischer sexueller Erlebnisse bis hin zur späten Konfrontation und Aufarbeitung reicht. Mit erstaunlicher Offenheit schildert sie, wie Missbrauchserfahrungen das eigene Selbstverständnis, die Beziehungsfähigkeit und das sexuelle Erleben über Jahrzehnte prägen können. Dabei gelingt ihr das Kunststück, die erlebten Übergriffe deutlich zu benennen, ohne in voyeuristische Details abzugleiten. Sie bleibt in ihren Schilderungen stets über der Gürtellinie, macht aber gleichzeitig unmissverständlich das erfahrene Leid spürbar.
Selten wurden Schmerz und Versöhnung literarisch so meisterinnenhaft verwoben. Bracht behandelt zentrale Fragen, die viele Betroffene umtreiben: Wie findet man zurück zur Liebes- und Beziehungsfähigkeit, wenn Verletzendes im Hintergrund lauert? Wie gelingt es, trotz traumatischer Erfahrungen weiter zu lieben und zu begehren?
Behutsam legt sie Schutzschichten und Verdrängungen im Gedächtnis frei, erlebt Rückschläge und Erfolgserlebnisse. Die sprachliche Qualität macht das Buch trotz der Schwere des Themas zu einem Pageturner. Das Buch liest sich einfach, obwohl so viel Tiefe darin liegt.
Die Autorin beschränkt sich nicht auf die Darstellung des persönlichen Traumas, sondern gibt diesen eine zeitliche und politische Dimension. Es wird schnell deutlich, welche systemischen Hintergründe und gesellschaftlichen Normen sie jeweils beeinflussten.
## Persönliche Einschätzung
Selten hat mich ein Buch so vielschichtig berührt wie "Das Lieben danach". Meine erste Reaktion war tiefe Bewunderung für den Mut der Autorin, ihre Geschichte im fortgeschrittenen Alter von siebzig Jahren öffentlich zu machen und damit anderen Betroffenen eine Stimme zu geben. Diese Bewunderung wandelte sich schnell in tiefes Mitgefühl angesichts der geschilderten Erlebnisse.
Gleichzeitig löste die Lektüre eine kaum zu unterdrückende Wut aus – Wut auf die Täter, aber auch auf ein System, das solche Übergriffe ermöglicht und die Opfer oft alleine lässt. Brachts Schilderungen legen systematische Schwachstellen offen, die Missbrauch begünstigen und Täter schützen, während Betroffene mit den Konsequenzen leben müssen.
Besonders beeindruckend finde ich die sprachliche Eleganz. Diese stilistische Meisterschaft macht es möglich, selbst erschütternde Inhalte so zu vermitteln, dass ich gerne weiterlesen wollte. Es ist diese kunstvolle Verknüpfung von Form und Inhalt, die das Buch zu etwas Besonderem macht.
Der Aspekt der Selbstversöhnung, den Bracht so leuchtend darstellt, hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck. Die Art, wie sie den Weg von der Verdrängung zur bewussten Auseinandersetzung und schließlich zur Heilung beschreibt, vermittelt eine kraftvolle Botschaft der Selbstliebe. Es ist diese Entwicklung, die trotz der Schwere des Themas Hoffnung spendet und zum eigenen Handeln motiviert.
Nach der Lektüre blieb bei mir ein starker Aktionsdrang zurück – das Gefühl, dass gesellschaftlich mehr getan werden muss, um Betroffene zu unterstützen und präventiv tätig zu werden. Denn die absolute Ehrlichkeit einer Siebzigjährigen ist nicht nur aufrüttelnd, sondern macht Mut und kann hoffentlich gesellschaftliche Relevanz entfalten.
## Empfehlung
Für Frauen ist dieses Buch eine wichtige Lektüre, die verdeutlicht: Ihr seid nicht allein. Die Autorin teilt diese Erfahrungen mit viel zu vielen Menschen. Viele der geschilderten Erlebnisse und Gefühle werden Leserinnen bekannt vorkommen, sei es aus eigenen Erfahrungen oder den Berichten von Freundinnen und Bekannten. Bracht schafft einen Raum der Solidarität und des gegenseitigen Verständnisses (übrigens auch für männliche Opfer!), der zur Heilung beitragen kann.
Männern möchte ich dieses Buch besonders ans Herz legen mit der Frage: Wollt ihr wirklich, dass eure Töchter, Schwestern oder Partnerinnen in einem solchen System leben müssen? Die Lektüre kann Augen öffnen für Realitäten, die oft unsichtbar bleiben, und zum Nachdenken über die eigene Rolle in der Gesellschaft anregen.
"Das Lieben danach" ist keine leichte Lektüre, aber eine notwendige.
Wer sich auf dieses radikale Erstlingswerk einlässt, wird reich belohnt – mit Erkenntnissen über gesellschaftliche Strukturen, mit einer neuen Perspektive auf weibliches Begehren und mit dem Mut, der eigenen Geschichte ins Auge zu sehen.
Bracht nimmt uns mit auf eine Lebensreise, die von der Verdrängung traumatischer sexueller Erlebnisse bis hin zur späten Konfrontation und Aufarbeitung reicht. Mit erstaunlicher Offenheit schildert sie, wie Missbrauchserfahrungen das eigene Selbstverständnis, die Beziehungsfähigkeit und das sexuelle Erleben über Jahrzehnte prägen können. Dabei gelingt ihr das Kunststück, die erlebten Übergriffe deutlich zu benennen, ohne in voyeuristische Details abzugleiten. Sie bleibt in ihren Schilderungen stets über der Gürtellinie, macht aber gleichzeitig unmissverständlich das erfahrene Leid spürbar.
Selten wurden Schmerz und Versöhnung literarisch so meisterinnenhaft verwoben. Bracht behandelt zentrale Fragen, die viele Betroffene umtreiben: Wie findet man zurück zur Liebes- und Beziehungsfähigkeit, wenn Verletzendes im Hintergrund lauert? Wie gelingt es, trotz traumatischer Erfahrungen weiter zu lieben und zu begehren?
Behutsam legt sie Schutzschichten und Verdrängungen im Gedächtnis frei, erlebt Rückschläge und Erfolgserlebnisse. Die sprachliche Qualität macht das Buch trotz der Schwere des Themas zu einem Pageturner. Das Buch liest sich einfach, obwohl so viel Tiefe darin liegt.
Die Autorin beschränkt sich nicht auf die Darstellung des persönlichen Traumas, sondern gibt diesen eine zeitliche und politische Dimension. Es wird schnell deutlich, welche systemischen Hintergründe und gesellschaftlichen Normen sie jeweils beeinflussten.
## Persönliche Einschätzung
Selten hat mich ein Buch so vielschichtig berührt wie "Das Lieben danach". Meine erste Reaktion war tiefe Bewunderung für den Mut der Autorin, ihre Geschichte im fortgeschrittenen Alter von siebzig Jahren öffentlich zu machen und damit anderen Betroffenen eine Stimme zu geben. Diese Bewunderung wandelte sich schnell in tiefes Mitgefühl angesichts der geschilderten Erlebnisse.
Gleichzeitig löste die Lektüre eine kaum zu unterdrückende Wut aus – Wut auf die Täter, aber auch auf ein System, das solche Übergriffe ermöglicht und die Opfer oft alleine lässt. Brachts Schilderungen legen systematische Schwachstellen offen, die Missbrauch begünstigen und Täter schützen, während Betroffene mit den Konsequenzen leben müssen.
Besonders beeindruckend finde ich die sprachliche Eleganz. Diese stilistische Meisterschaft macht es möglich, selbst erschütternde Inhalte so zu vermitteln, dass ich gerne weiterlesen wollte. Es ist diese kunstvolle Verknüpfung von Form und Inhalt, die das Buch zu etwas Besonderem macht.
Der Aspekt der Selbstversöhnung, den Bracht so leuchtend darstellt, hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck. Die Art, wie sie den Weg von der Verdrängung zur bewussten Auseinandersetzung und schließlich zur Heilung beschreibt, vermittelt eine kraftvolle Botschaft der Selbstliebe. Es ist diese Entwicklung, die trotz der Schwere des Themas Hoffnung spendet und zum eigenen Handeln motiviert.
Nach der Lektüre blieb bei mir ein starker Aktionsdrang zurück – das Gefühl, dass gesellschaftlich mehr getan werden muss, um Betroffene zu unterstützen und präventiv tätig zu werden. Denn die absolute Ehrlichkeit einer Siebzigjährigen ist nicht nur aufrüttelnd, sondern macht Mut und kann hoffentlich gesellschaftliche Relevanz entfalten.
## Empfehlung
Für Frauen ist dieses Buch eine wichtige Lektüre, die verdeutlicht: Ihr seid nicht allein. Die Autorin teilt diese Erfahrungen mit viel zu vielen Menschen. Viele der geschilderten Erlebnisse und Gefühle werden Leserinnen bekannt vorkommen, sei es aus eigenen Erfahrungen oder den Berichten von Freundinnen und Bekannten. Bracht schafft einen Raum der Solidarität und des gegenseitigen Verständnisses (übrigens auch für männliche Opfer!), der zur Heilung beitragen kann.
Männern möchte ich dieses Buch besonders ans Herz legen mit der Frage: Wollt ihr wirklich, dass eure Töchter, Schwestern oder Partnerinnen in einem solchen System leben müssen? Die Lektüre kann Augen öffnen für Realitäten, die oft unsichtbar bleiben, und zum Nachdenken über die eigene Rolle in der Gesellschaft anregen.
"Das Lieben danach" ist keine leichte Lektüre, aber eine notwendige.
Wer sich auf dieses radikale Erstlingswerk einlässt, wird reich belohnt – mit Erkenntnissen über gesellschaftliche Strukturen, mit einer neuen Perspektive auf weibliches Begehren und mit dem Mut, der eigenen Geschichte ins Auge zu sehen.