Unbedingt lesen!

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mrsamy Avatar

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Eilish führt ein geregeltes Leben. Sie ist leitende Angestellte bei einem Dubliner Unternehmen, ihr Mann Larry arbeitet in führender Position für die Lehrergewerkschaft von Irland. Sie haben ein schönes Haus und vier gesunde Kinder. Doch eines Abends tritt die Dunkelheit über ihre Türschwelle. In Irland ist eine Notverordnung in Kraft und die Regierung hat eine neue Geheimpolizei gegründet. Zwei Beamte wollen mit Eilish Mann Larry sprechen, doch dieser ist nicht zu Hause. Wenige Tage später geht Larry zu einer von ihm organisierten großen Demonstration der Lehrergewerkschaft und kommt nicht mehr nach Hause. Keiner weiß wo er ist, kein Anwalt darf mit ihm sprechen. So wie Eilish geht es auch anderen. Menschen werden verhaftet und die Verzweiflung greift in die Eingeweide. Die politische und gesellschaftliche Lage spitzt sich immer mehr zu und es geschehen Dinge, die noch vor kurzem unfassbar gewesen wären. Eilish bemüht sich derweil um einen geregelten Alltag, vor allem muss sie ihre vier Kinder (vom Baby über zwei Teenager bis hin zum jungen Erwachsenen) schützen und sich noch dazu um ihren immer dementeren Vater kümmern. Die Katastrophe rückt unaufhaltsam näher.

„Das Lied des Propheten“ von Paul Lynch hat im Jahr 2023 den Booker Prize gewonnen – und ja es ist ein Roman, der eine Bühne braucht, weil er so wichtig ist, weil er uns in unseren Grundfesten erschüttert und mit einer düsteren Vorahnung zurücklässt. Ich möchte nicht zu viel über den Inhalt schreiben, weil man dieses Buch wirklich selbst gelesen haben muss. Einmal angefangen, konnte ich mit dem Roman nicht mehr aufhören. Immer tiefer wurde ich in den Strudel der Ereignisse gezogen, die dabei nicht konstruiert oder provoziert wirkten, sondern logisch in ihrer Konsequenz. Immer mal wieder wollte ich Eilish anschreien, ihr sagen: Mach doch was! Warum wartest du so lange?! Aber die Beweggründe für ihr Handeln sind ebenso logisch und nachvollziehbar, auch wenn man vielleicht an ihrer Stelle doch anders entschieden hätte. Doch wie lange ist man blind für gewisse Dinge, wie lange sagt man sich: Es wird schon wieder, alles nicht so schlimm. Irgendwie kommen wir schon durch. Getragen wird der Roman dabei nicht nur von der Handlung, sondern vor allem auch von Lynchs Schreibstil, der besonders ist und der dazu führt, dass einen das Geschehen noch mehr in seinen Bann zieht und atemloser macht. Es ist ein grandioser Roman, der seines gleichen sucht und der so wichtig ist. Unbedingt Lesen!