Untergangspoesie
Untergangspoesie. Es gibt schon ein halbes Regal voll mit Thrillern, die das Leben und Überleben in einem totalitären Regime beschreiben. Da gibt es zumeist eine Heldin / einen Helden, die / der eine Befreiungsbewegung anführt und zumeist auch erfolgreich gegen die Bösewichte agiert. "Das Lied des Propheten" von Paul Lynch ist vollkommen anders. Ab der ersten Seite wurde ich förmlich mitgerissen und wie durch einen Sog förmlich hineingezogen in die Geschichte; gleichzeitig hatte ich immer wieder den Impuls, das Buch wegzulegen und einfach nicht weiterzulesen, weil schließlich nicht sein kann, was nicht sein darf (... die aktuelle Brisanz des Themas durch den Rechtsruck in Europa). Es gibt keine Vorgeschichte mit einer Art 'Machtübernahme' - es 'geht einfach los'. Die neue Regierung lässt durch die Geheimpolizei Eilishs Mann Larry abholen, seineszeichens Gewerkschafter; Larry taucht nicht mehr auf; der große Sohn schließt sich der Widerstandsbewegung an; Eilish ist verzweifelt; es gibt kriegerische Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den Revolutionsgarden; wer kann, verlässt das Land; was schließlich auch Eilishs Plan ist. In kurzen und mächtigen Sätzen haut der Autor uns die Geschichte förmlich um die Ohren. Es geht weniger darum, wie ein Staat (Nordirland) sich langsam zu einer Diktatur hin verändert sondern vielmehr darum, wie die Veränderungen auf das Erleben und Verhalten der Menschen einwirken. Für mich das Buch der Stunde, weil es nicht nur hervorragend geschrieben sondern gleichzeitig auch ein Warnruf ist.