Liest sich flott weg

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Inhalt
Vaelin al Sorna hat einst ganze Reiche besiegt und zahllose Schlachten geschlagen, doch nun lebt er zurückgezogen und hat Familie und Freunde um sich geschart. Als die ersten Gerüchte um eine neue Macht über das Meer kommen, berührt ihn dies zunächst wenig. Auch wenn die Stahlhast sich unter dem Banner eines Mannes vereint, der sich zu einem Gott gemacht hat und sich ausgerechnet „Dunkelklinge“ nennt. Aber dann erreicht ihn die Kunde, dass Sherin, die Frau, die er einst geliebt hat, in die Hand des neuen Feindes gefallen ist – und macht sich auf, sie zu befreien. Dabei weiß er nicht, was gefährlicher ist, die Stählerne Horde oder das Herz einer Frau, die verraten wurde.


Meinung
Anthony Ryan beginnt mit „Das Lied des Wolfes“ einen zweibändigen Zyklus rund um Vaelin, der auch unabhängig von den drei Vorgängern gelesen werden kann. Allerdings dürfte es wesentlich mehr Spaß machen, alle Hintergründe und Zusammenhänge zu kennen, da das Geschehen sonst etwas oberflächlich wirkt.
Wie immer bei Ryan beginnt die Geschichte schwungvoll und ästhetisch wunderbar erzählt. Der alternde Vaelin ist zwar der Haupterzähler, doch flechtet der Autor auch immer wieder die Schilderungen von Luralyn, der Schwester des selbsternannten Gottes, ein, die diese in einer unbestimmten Zukunft nach den Ereignissen verfasst haben muss. Sie ist die jüngere Schwester von Kehlbrand und eine Wahrträumerin, etwas, das bei ihrem Volk nicht gestattet ist. Dank ihrem Bruder überlebt sie unerkannt und begleitet ihn bei seinem Aufstieg. Was genau sie zum Umdenken bringt, wird leider nicht richtig deutlich, Ryan macht zwar viele Andeutungen, auch aus ihrer eigenen Zunge, aber es geht leider nie in die Tiefe. Dabei hätte gerade die Beziehung der Geschwister einiges zu bieten gehabt. Denn zusehen zu müssen, wie sich der eigene Bruder in etwas Düsteres verwandelt, böte genug Stoff für Reibereien und innere Zwistigkeiten.
Zunächst lässt sich die Handlung gut an, wenn sie auch schnell an Beschreibungen mangelt. Umgebungen und sogar ganze Charaktere sind oft nicht mehr als diese Erwähnungen. Am Auffälligsten hierbei die Jadeprinzessin, die zwar selbstbewusst auftritt und nicht auf den Mund gefallen ist, aber sonst offenbar keinerlei Attribute besitzt. Und das bei einem fast unsterblichen Wesen, das einen eigenen Tempel bewohnt. So plötzlich wie sie auftritt, so plötzlich ist es fast vorbei. Weshalb sie Sherin mit sich genommen hat, bleibt auch ein Geheimnis des Autors. So wie ihr geht es leider diversen Nebenfiguren.
Die Beziehung zu Sherin ist für Vaelin nicht nur durch ihre gemeinsame Vergangenheit problematisch. Es gibt eine Art Nebenbuhler, mit dem er gezwungen ist, zusammenzuarbeiten. Doch in welchem Ausmaß besitzt der andere ein Stück von Sherins Herz? Und wird diese Vaelin je vergeben können?
Ab mittig wird die Geschichte deutlich sprunghafter, was ein sehr aufmerksames Lesen verlangt, denn es vergeht rasch Zeit, und einige Vorkommnisse werden im Nachhinein noch einmal etwas genauer erläutert. Was übrigens auch nötig ist, da sie, gerade ablaufend, schon recht konstruiert wirken und mehr Mittel zum Zweck als anregende Erzählung sind.
Trotz all dieser Kritikpunkte liest sich Ryans Roman wirklich flott weg, wie der geneigte Leser das auch von seiner Feder gewohnt ist. Die über fünfhundert Seiten sind daher auch in wenigen Tagen gelesen und der Buchdeckel zufrieden zugeklappt. Allerdings endet das Geschehen zwar in einem gewaltigen Showdown, aber leider auch mit einem Cliffhanger. Darum ist zu hoffen, dass es bis zur Übersetzung des zweiten Bandes nicht mehr allzu lange dauern wird.


1. The Wolf’s Call (Das Lied des Wolfes)
2. The Black Song