Großstadtmärchen

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singstar72 Avatar

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Man geht natürlich nicht völlig ohne Erwartungen an ein solches Buch,eine solche Leseprobe heran. Da drängen sich gewisse Vergleiche einfach auf. Bücher über die Liebe zum Lesen, die in Paris spielen und von weiblichen Autoren stammen – da gab es in letzter Zeit einiges. Muriel Barbéry mit „Die Eleganz des Igels“, und natürlich Marie-Sabine Roger, mit „Das Labyrinth der Wörter“. Auch Grégoire Delacourt fällt mir ein – das handelte zwar nicht unbedingt vom Lesen, spielte aber auch in kleinbürgerlichen Verhältnissen, und war von zarter Poesie.

Nun habe ich die Leseprobe gelesen – und passt das Buch in diese Schublade…? Definitiv ja. Allerdings war die Leseprobe noch zu kurz, um sagen zu können, ob das Buch auch ein eigenes Gepräge haben wird.

Die Erzählweise ist zunächst durchaus gemächlich. Die junge Dame beobachtet ihre Mitreisenden in der Métro, und vor allem, was sie lesen. Der Mann mit Hut ist ein Insektenforscher, die junge Frau ist unglücklich verliebt und weint immer auf Seite 274. Die alte Dame hingegen liest italienische Kochrezepte – vielleicht Erinnerungen an glücklichere Zeiten…? Was die Heldin allerdings selbst liest, bleibt noch unklar. Lediglich das Lesezeichen wurde bisher erwähnt, eine alte Postkarte.

Auf jeden Fall hat unsere Heldin eine feine Beobachtungsgabe, die nur manchmal ein wenig zu sehr ins Detail geht. Auch ist mir noch lange nicht klar, ob sich das ganze nicht eher um eine Art Großstadt-Märchen handelt – ein wenig „Amélie“…? Denn wer, bitte, folgt einfach einem fremden Mädchen in einen Hinterhof, um ihren Opa kennenzulernen, der „Kuriere“ für seltsame Bücher sucht…? Leider bricht hier die Leseprobe ab. Das Ganze hat durchaus etwas Fantastisches. Und die Schreibweise finde ich – bisher – typisch französisch. Ich würde mir gerne eine eigene Meinung bilden.