Die Macht der Stimmen!

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rauschleserin54 Avatar

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Das Cover ist außergewöhnlich schön und exotisch, ein Schmuckstück und es lädt geradezu ein,
es aufzuklappen und die ersten Zeilen zu lesen.

Und es paßt, es geht, genau wie auf dem Cover dargestellt, im Prolog weiter:
Ein Mädchen wandert allein durch den Dschungel Ilhabelas, eine Insel vor der Küste Brasiliens,
und findet in einer Bucht das gestrandete Schiff und.....

Es ist die Geschichte des Urgroßvaters des Autors, Joan Bras, eines gestrandeten Spaniers im Jahre 1909. Er hat sein Gedächtnis verloren, aber jede Nacht erleidet er schlimme Albträume.
Er wird von der Doutora Catarina gesundgepflegt nach unheimlichen Ereignissen auf der Insel und von ihr aufgenommen. Er baut sich eine Existenz auf und sie kommen sich näher.

Weiter ist es die Lebensgeschichte von Sion, ihrer beider Tochter, die aufwächst im Paradies und plötzlich nach großem Unglück, mit dem Vater nach Paris in eine völlig fremde Welt aufbricht.
Und es ist das Wunder und die Magie des Puppenspiels mit seinen vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten und Stimmen. Und um die Stimme geht es in diesem farbenprächtigen Buch.
Mal schweigt sie, wie beim Vater, mal wird in der Schule vermittelt, sie könne nach einer sündigen Tat für immer fortbleiben. Schon als Kind hat Sion den Puppen mehrere Stimmen verliehen - zu ihrer eigenen Sicherheit - .

Sehr gut gefallen hat mir im Prolog das Zauberlied, eine Hilfe der Mütter, um die Angst vor dem großen Jaguar der Insel zu verscheuchen. Gandhara, ein kleines Mädchen, wurde beschützt, sonst hätte sie das Wrack nicht gefunden. Es sind einfache Menschen auf Ilhabela und sie glauben noch an Rituale und Zauber. ….und an die Kraft der Stimme!

Meine Lieblingsfiguren sind der exzentrische Holtelier und Sion. Zwei wunderbare Menschen, die sich sofort verstehen. Sie feiern das Leben und bringen Freude in das der anderen.
Ich finde den Erzählstil gelungen, aber auch nicht immer einfach nachzuvollziehen. Hilfreich sind Hinweise auf zeitgleiche politische, wissenschaftliche und geschichtliche Ereignisse zum besseren Verständnis. Vor allem in der Pariser Zeit ab 1920. Und meines Erachtens hat der Autor als
besonderes Stilmittel die Wendungen zum Ende hin vorgenommen. Es gibt doch auch den Satz: „Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muß man es vorwärts.“ (S.A. Kierkegaard) Das ist etwas rätselhaft, aber dann....., mehr möchte ich nicht verraten.

Hier handelt es sich um eine Lektüre, die man mehrmals lesen kann und ich denke, es kommen immer wieder neue Erkenntnisse. Und die Geschichte lässt mich auch nicht sofort los. Sie wirkt noch nach. Ein besonderer Lesegenuß. Danke Pep Bras!