Todesengel

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Ich finde es eigentlich sehr schade, dass es bei Vorablesen nun immer mehr Bücher NUR als Ebook gibt. Ich besitze zwar selbst einen Ebookreader, finde aber dass dadurch einige Vorableser ausgeschlossen werden. Trotzdem konnte ich bei diesem Buch einfach nicht widerstehen und habe einen Blick in die Leseprobe geworfen. Schon alleine weil die Protagonistin eine seltene Namensvetterin von mir ist, war mir die Geschichte sogleich sympathisch. Auch die Idee selbst liest sich spannend, wenn auch nicht ganz neu: Ein Mädchen, dass den Tod von anderen Vorhersehen kann, stürzt sich nach einem großen Verlust in den Tod und wird zum Todesengel.

Der Einstieg in das Buch erfolgt allerdings ein wenig holprig. Die Geschichte beginnt mit einem Prolog bei dem die Tante der Protagonistin, Anke Thomas, im Mittelpunkt steht. Diese ist eine durch und durch unsympathische Person, sehr unhöflich, arrogant, voller Vorurteile und mit einer großen Abneigung ihrer Nichte gegenüber, die sie nach dem Tod deren Eltern aufgenommen zu haben scheint. Über das Leben von Johanna erfährt man an dieser Stelle nur indirekt etwas in einem Gespräch zwischen der Tante und dem ehemaligen Therapeuten Johannas, Herr Karen. Dieser hatte die Tante zu einem Gespräch eingeladen, um die Vorfälle vor Johannas Selbstmord zu besprechen. Er war der Ansicht Johanna befinde sich in einem Heilungsprozess und konnte ihren Selbstmord daher nicht nachvollziehen. Bei ihrem Heilungsprozess geholfen hatte ihr ihre neue Freundin Carla, die am selben Tag starb bei einem Verkehrsunfall. Von Anke Thomas erfährt der Therapeut, dass die beiden Mädchen an ihrem Todestag zusammen waren. Als die beiden schließlich in Streit geraten, kommt heraus, dass Johanna einen Abschiedsbrief an den Therapeuten geschrieben hat, den die Tante offensichtlich aus Verbitterung über den angeblichen Undank ihrer Nichte nicht weitergegeben hatte.

Dann folgt das erste Kapitel, das vor dem Tod der Mädchen spielt und in dem der Leser endliche Johanna kennenlernt. Diese hat ihre Eltern verloren und ist anscheinend noch nicht darüber hinweggekommen. Um sie herum sind allerdings nur oberflächliche Menschen ohne Verständnis und Empathie, ihre Tante, die sie für eine schwarze Hexe hält, Mitschülerinnen, die Partys wichtiger finden als Eltern und Lehrerinnen, die zu ihr Dinge sagen wie "Es ist schlimm, dass du deine Eltern verloren hast, aber das ist jetzt zehn Jahre her! Also werd langsam damit fertig und erwachsen." Natürlich gibt es solche Menschen, aber für mich wirkt diese Stelle zu Beginn des Buches ein bisschen zu gewollt. Als ob die Autorin Johanna ein unglaublich schweres Schicksal geben wollte, deren einziger Lichtblick ihre Freundin Clara ist, und es dabei leider ein wenig übertrieben hat. Gut gelungen fand ich dagegen anderere Kleinigkeiten, die auf einen feinfühligen Schreibstil deuten lassen. Zum Beispiel wirkt das "Verbrecherviertel" aus Johannas Sicht völlig anders als aus der Sicht ihrer Tante. Beim Lesen erhält man auch ein ganz anderes Gefühl übertragen von der jeweiligen Sichtweise. Genauso verhält es sich mit dem Therapiezentrum, das für Johanna ein Ort der Ruhe und des Verständnisses war, für ihre Tante jedoch ein ort der Bedrohung und Abneigung. Das Buch endet damit, dass Johanna ein Sozialprojekt mit Carla ablehnt und wegrennt, da sie nie wieder jemanden berühren und seinen Tod mitansehen möchte.

Johanna als Protagonistin kann ich noch nicht so recht einschätzen. Sie hat es sicher nicht leicht und ihre "Sozialphobie" tut ihr übriges. Aber innerlich scheint sie voller Aggressionen zu sein, während sie nach außen immer nur lächelt. Das ist nicht sonderlich sympathisch und stellenweise fand ich ihre wütenden und aggressiven Gedanken auch anstrengend, da sie mir übertrieben vorkamen.