Hin und her gerissen

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keltin Avatar

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Die Leseprobe des Romans von Anne Lück hatte ich mit großem Interesse gelesen, der Roman allerdings packte mich nicht so, wie es mir die Leseprobe (Die ersten beiden Kapitel) versprochen hatte. Vielleicht waren meine Erwartungen auch zu hoch, vielleicht habe ich Probleme damit, mich in die Gefühlswelt eines jungen Mädchens hinein zu versetzen, dass die ganze Welt hasst.

Das Buch richtet sich offensichtlich an ein jüngeres Publikum und ist dem Fantasy Genre zuzuordnen.
Das Cover ist interessant gestaltet; ein Foto einer jungen Frau, die mit ausgebreiteten Armen und wehenden Haaren im Gegenlicht der untergehenden Sonne steht. Über ihre Arme und Haare sind zarte Engelsflügel gelegt worden.

Zum den Inhalt möchte ich nicht zu ausführlich äußern, trotzdem aber in einigen kurzen Sätzen die Geschichte umreißen.
Johanna hat nicht gerade ein einfaches Leben. Als Kind durch einen Verkehrsunfall ihrer Eltern zur Vollwaise geworden, hat sie eine Unterkunft, aber keine Heimat bei ihrer Tante gefunden, die sie nur duldet, aber nicht liebt. Sie lehnt ihre Nichte ab, ist sogar der Meinung, dass Johanna eine Art Hexe, ein Kind des Bösen ist.
Schlimmer ist für den sechzehnjährigen Teenager, das sie keinerlei Kontakte mit anderen Menschen pflegen kann, denn die Gefahr aus Versehen jemanden zu berühren und dadurch seinen Tod mittels der Berührung zu sehen, ist zu groß.
Da sie niemanden von ihrer Fähigkeit erzählen kann, gilt sie als Sonderling und wird deshalb von ihrem Therapeuten Sebastian wegen ihrer „Sozialphobie“ behandelt. Dieser vermittelt Johanna eine Freundschaft zu Carla, einer anderen jungen Patientin, welche auch Schweres mitgemacht hat. Nach einigem Zögern nimmt Johanna die Freundschaft zu Carla an. Als Carla stirbt, gibt sich Johanna die Schuld an ihrem Tod und nimmt sich selbst das Leben. Im Jenseits wird sie vor einer großen Entscheidung gestellt….

Ich nahm Johanna als sehr aggressiv und traumatisiert wahr, was natürlich kein Wunder ist, wenn man keinerlei Kontakt zu anderen Menschen aufbauen kann, da man diese schreckliche Fähigkeit hat. Von dieser Warte aus betrachtet ist die Figur gut gezeichnet und hat eine gewisse Tiefe.
Im weiteren Verlauf der Geschichte, die nun im Jenseits spielt, wurde der Roman für mich immer schwieriger zu lesen. Gut, im Fantasy-Genre darf fabuliert werden und auch Naturgesetze gebrochen werden, allerdings stieß ich mich immer wieder daran, das eine Tote körperlich „verletzt“ werden oder sogar wieder körperlich „sterben“ kann.

Meine Empfindungen im weiteren Verlauf des Buches waren derart, das ich keine richtige Verbindung zu Johanna oder den anderen Protagonisten mehr aufbauen konnte. Ihre Charaktere blieben für mich oberflächlich und blutleer. Die Faszination der ersten beiden Kapitel konnte ich für mich nicht mehr aufbauen. Die innere Thematik des Buches allerdings (Freundschaft, erste Liebe, eine zweite Chance bekommen) finde ich sehr gelungen, sehr passend für einen Jugendroman und wenn die Charaktere noch ein wenig ausgearbeitet wären, könnte die Geschichte rundherum gut gelungen sein. Außerdem gefällt mir, dass es eine Existenz nach dem Tode gibt! Über den Schreibstil möchte ich sagen, dass der Gebrauch der verschiedenen Zeitebenen mir gut gefallen hat, weil man dadurch Einblicke in Johannas Charakter nehmen konnte. Insgesamt war der Schreibstil flüssig und gut zu lesen!
Am Ende des Buches hatte ich den Eindruck, als wenn die Autorin unter Zeitdruck gestanden hätte und den Schluss quasi so aus dem Handgelenk geschüttelt hätte. Mein Fazit nach der Lektüre von „Das Mädchen mit den Engelshänden“ ist, das es ein Buch für die weibliche Jugend ist. Reifere Semester werden nicht unbedingt ihre Freude daran haben – Jugendliche schon!