Eine Mumie, ein Mädchen, ein Totengräber und das Phantom – Nervenkitzel im alten Wien

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evelynm Avatar

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An den ersten Fall von Leopold von Herzfeldt und dem Totengräber Augustin Rothmayer kam ich durch einen Büchertausch. Ich habe das Buch verschlungen. Es machte nicht nur viel Spaß ins Wien des späten 19. Jahrhunderts einzutauchen, auch die beiden so gegensätzlichen Charaktere der beiden Hauptdarsteller kennenzulernen war mir eine wahre Freude.
Das Cover lässt auch ohne den Titel erkennen, dass die Ermittlungen von Herzfeldt weitergehen. Und dann spielt auch noch das alte Ägypten, dessen Totenkult und -die Entdeckung eines Grabes eine große Rolle. Gleich zu Beginn des Buches wird es spannend und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie der Archäologe Strössner durch die Wüste irrt, um dann diese unglaubliche Entdeckung zu machen. Danach der Sprung nach Wien zu Julia, Leopold und der grausam entstellten Leiche eines jungen Mannes. Als wäre das nicht schon genug, taucht unversehens eine Mumie in den Kellern des Kunsthistorischen Museums auf. Diese gibt Leo einige Rätsel auf und bringt ihn in Lebensgefahr. Seine Beziehung zu Julia, die inzwischen als Tatortfotografin arbeitet, leidet sehr unter der vielen Arbeit und den viel zu seltenen Momente der Zweisamkeit.

Der Totengräber Augustin Rothmeyer hat da ganz andere Sorgen, die sich um seine kleine „Mitbewohnerin“ drehen, die das Herz des knurrigen Mannes gewonnen hat. Er kann es nicht lassen, Leo bei seinen Ermittlungen reinzureden und wird zudem auf das Thema Totenkult der Völker gebracht, das ihn zu einem neuen Buch inspiriert.

Innerhalb weniger Seiten war ich mitten drin im Wien des Jahres 1894 und freute mich sehr auf das Wiedersehen mit Leo, Julia und Augustin. Die 3 bilden teils unfreiwillig ein ausgesprochen kluges Team. Der Autor versteht es auch den ganz privaten Alltag der Protagonist*innen in die Ermittlungen einzuweben. So lernen die Leser*innen die doch sehr unterschiedlichen Charaktere und deren Gefühlsleben immer besser kennen und verstehen. Gerade Julia hat es nicht leicht und muss sich durchbeißen. Leo schwebt in Lebensgefahr und ich beneide ihn keineswegs um seine Aufgabe, die verschiedenen, blutigen Morde aufzuklären. Augustin erobert in diesem Teil mein Herz, das er endlich öffnet und für einen anderen Menschen einsteht und kämpft. Er ist und bleibt der ungewöhnlichste Charakter in dieser Krimireihe und sein Wissen mag gruselig erscheinen, jedoch hilft es auch Leo so manches Mal bei seinen Ermittlungen.

Der Autor erzeugte schon auf den ersten Seiten seines Buches eine atemlose Spannung. Genau das erwarte ich von einem grandiosen, geschichtlich gut recherchierten und wendungsreichen Krimi, der mich gut unterhält, mir den Atem stocken und mich das Buch keinen Moment aus den Händen legen lässt. Die Wiener Mundart gefällt mir gut und Oliver Pötzsch hat sie gekonnt in das Buch eingeflochten. Als „Piefke“ stelle ich mir ganz gerne vor wie Leo an seine Grenzen stößt und sich das eine oder andere Mal gegen Vorurteile durchsetzen muss.

Ich möchte erwähnen, dass das Nachwort ebenfalls sehr interessant und spannend geschrieben ist, da sowohl die Völkerschauen als auch die s.g. Mumienpartys beschrieben werden. Unglaublich, was zu Ende des 19. Jahrhunderts als „chic“ und „normal“ galt!

Als Ägyptenfan hat mich die Geschichte zur Mumifizierung und der Totenkult fasziniert. Es gab eine Zeit, da habe ich jede Menge Sachbücher über das alte Ägypten verschlungen und das Ankh begleitet ich seit 16 Jahren durch mein Leben.

Mit großer Ungeduld und Vorfreude erwarte ich den 3. Band der Krimiserie, um erneut ins „alte“ Wien einzutauchen, den Ermittlungen von Leo von Herzfeldt zu folgen, Julia bei ihrer beruflichen Laufbahn zu verfolgen und Augustins immensem Wissen und seinem großen Herz wieder zu begegnen.