Grandiose Fortsetzung der Totengräber-Reihe

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Wien 1894: Inspektor Leopold von Herzfeldt ermittelt diesmal in einem kuriosen Fall. In einem Sarkophag des Kunsthistorischen Museums wurde der fachgerecht mumifizierte Leichnam eines bekannten Professors der Ägyptologie gefunden. Leopold benötigt wieder die Hilfe des kauzigen Totengräbers und Todesexperten Augustin Rothmayer, um alles über die Mumifizierung im alten Ägypten zu erfahren, denn der Professor wurde ermordet. Gleichzeitig werden in mehreren Wiener Bezirken die schrecklich zugerichteten Leichen junger Männer gefunden, die ihrer Männlichkeit beraubt wurden. Und zu guter letzt wurde ein Pfleger im Tiergarten am Prater von einem Löwen zerfleischt. Leopold, Augustin und Julia haben alle Hände voll zu tun und man darf gespannt sein, wie alle diese Fälle zusammenhängen.

Der erste Band der Totengräber-Reihe hatte mich bereits begeistert und der zweite ist eine geniale und spannende Fortsetzung, die sogar noch besser war. Das gelungene Cover knüpft in seiner Gestaltung an den ersten Band an und man erkennt sofort die Totengräber-Reihe wieder, was mir sehr gut gefällt.

Ich habe mich sehr auf das Wiedersehen mit den Hauptfiguren gefreut und darauf wieder etwas mehr über sie zu erfahren. Das schöne an Reihen ist, dass die Personen von Band zu Band mehr Tiefe bekommen. Julia Wolf ist inzwischen Tatortfotografin und muss sich bei der Wiener Polizei in einer Männerdomäne als einzige Frau behaupten. Doch die schrecklich zugerichteten Leichen der jungen Männer machen ihr zu schaffen. Sie hat diesmal eine größere Rolle, denn sie ermittelt auf eigene Faust in dem Tiergartenfall. Dabei zeigt sie Scharfsinn, Mut und Empathie was sie mir sehr sympathisch machte. Totengräber Augustin schreibt inzwischen an seinem zweiten Buch „Totenkulte der Völker“. Passende Auszüge daraus sind wieder einigen Kapiteln voran gestellt. Außerdem sorgt er sich um die kleine Anna, die ihn an seine Tochter erinnert und die ihm die Fürsorge wegnehmen will. Leopold muss in mehreren Fällen gleichzeitig ermitteln, weswegen seine Beziehung zu Julia leidet. Bei den Ermittlungen gerät er zeitweilig an seine Grenzen und mehr als einmal in Gefahr. Mit Hilfe von Julia und Augustin gelingt es ihm aber Stück für Stück die Puzzleteile zusammenzusetzen und den/die Täter zu entlarven. Es hat mir viel Spaß gemacht den dreien bei ihren Ermittlungen über die Schulter zu schauen. Die Auflösung war eine echte Überraschung mit der ich nicht gerechnet hatte.
Das Wienerische in den Dialogen sorgte für das richtige Flair, wichtige Begriffe werden am Ende des Buches für „Piefkes“ dabei erklärt. Eine Karte von Wien anno 1894 und ein Personenverzeichnis runden alles ab.

Auch in diesem Band ist wieder die akribische Recherche von Pötzsch zum historischen Hintergrund zu spüren. In einem Nachwort schreibt er selbst einiges dazu. So gab es tatsächlich die entwürdigenden Völkerschauen im Tiergarten und die Mumienpartys in Adelskreisen. Auch der Blick die Wiener Kanalisation mit der Zwingburg war authentisch und beeindruckend.
Ich mag den Erzählstil von Oliver Pötzsch sehr, denn er schafft es mich mit wenigen Zeilen ins historische Wien zurückzuversetzen. Und das so fesselnd, dass ich das Buch kaum beiseite legen konnte. Seine Idee, das erste Mordopfer als Mumie auftauchen zu lassen, fand ich grandios, da ich selbst ein Faible für die ägyptische Geschichte und Archäologie habe.

Insgesamt war es eine grandiose, spannende Fortsetzung der Reihe, die ich wieder sehr genossen habe. Ich bin jetzt schon sehr gespannt auf den dritten Band.