Lesegenuss der besonderen Art

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Trotz der bereits ansehnlichen Seitenanzahl wünschte ich mir, dass die Geschichte noch weiter ginge. Bereits der erste Teil (Das Buch des Totengräbers) war ein echter Pageturner und im zweiten Teil geht es gerade so weiter. Diesmal geht es um eine Mumie und eine Mordserie in der junge Männer brutalst abgeschlachtet werden. Und im Verlauf der Geschichte kommen noch weitere Tote dazu. Mittlerweile sind Julia, die Tatortfotografin und Leopold von Herzfeldt, der Kommissar miteinander liiert, doch keineswegs verläuft alles so harmonisch wie gewünscht. So kommt es, dass Leopold, als leitender Ermittler, auf Spurensuche geht und Julia ihre eigenen Weg einschlägt, um einem verhafteten Afrikaner zu helfen. Und als wäre das nicht schon genug Handlung wirkt auch Augustin Rothmayer, der intellektuelle, olfaktorisch herausfordernde Totengräber wieder eifrig bei der Aufklärung mit. Und irgendwie hängen alle Vorkommnisse auch noch zusammen. Eine spannungsgeladene Geschichte bis zur letzten Seite mit einem alles andere als gewöhnlichem Ende.

Herrlich schildert der Autor die in den Mitte des 19-ten Jahrhunderts gelebten Vorbehalte gegenüber berufstätigen Frauen, der Ablehnung gegenüber moderner Ermittlungsmethoden, der Wiener Gesellschaft und des vorherrschenden Antisemitismus. Sein bildhafter Sprachstil zeichnet die handelnden Figuren in das Buch, die spritzigen Dialoge begleiten die spannende Handlung. Obwohl die Morde grausam sind und an beschriebenen Einzelheiten nicht gespart wird, war das Lesen für mich pure Spannung und ein echter Lesegenuss. Im Gegensatz zu vielen anderen Krimis sind die Protagonist*innen hier sympathische Personen mit Profil, deren private Probleme nicht breit getreten werden, sondern vielmehr wertschätzender Teil der Geschichte sind. Sehr gut gefallen hat mir die Figur des Afrikaners Saidrovini. Der Autor hat mit ihm geschickt ein Szenario zur Darstellung der massiven Diskriminierung andersfarbiger Menschen geflochten, das in Wien bis heute erlebbar ist.

Mein Fazit: der 2. Teil 'des Totengräbers' ist mindestens so gut wie der Erste – ich freue mich schon auf die Fortsetzung.