Selbstfindungshilfe für Frauen in der Lebensmitte

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holdesschaf Avatar

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Eine Frau Mitte 40, die Kinder sind groß, der Beruf bietet nichts Neues mehr und in der Ehe lief es schon mal besser. Gemeinsam mit ihrer Freundin Isa wollte sie sich daher eine Auszeit auf einer kleinen Insel nehmen, um auf andere Gedanken zu kommen. Doch die Freundin sagt kurzfristig ab. Völlig allein im Urlaubsort fällt die Frau in ein tiefes Loch, die negativen Gedanken scheinen sie zu erdrücken. Wer ist sie eigentlich, wenn sie nicht mehr dauernd für ihre Kinder sorgen muss? Da findet sie bei einem Spaziergang eine Flaschenpost mit einer geheimnisvollen Nachricht. Kurz darau lernt sie die Verfasserin kennen, die nette und vollkommen gelassen wirkende Lene. Durch Gespräche mit ihr, kommt sie ihren Wünschen und Träumen auf die Spur. Kann sie auch jenseits der 45 wieder glücklich werden?

Es hat mich zunächst etwas gewundert, dass das Hörbuch bei lovelybooks als Sachliteratur geführt wird, denn tatsächlich ist es von der Erzählweise her eher ein Roman. Doch dieser erfüllt einen bestimmten Zweck. Er ist Lebenshilfe, dient der Selbstfindung und regt dazu an, sich über bestimmte Fragen Gedanken zu machen, die wohl viele Frauen Ü40 sich stellen. Oft fällt man in ein Loch, wenn die Kinder plötzlich selbstständig sind. Man hat das Gefühl, das Leben bietet einfach nichts neues mehr. Viele haben vielleicht auch eine Ehekrise hinter sich oder erachten ihre Beziehung mittlerweile als eingeschlafen. Und auch der Job, der wegen der Kindererziehung immer an zweiter Stelle kam, wird vielleicht als eintönig wahrgenommen. Selbst der eigene Körper wird immer kritischer betrachtet und es fehlt an Selbstwertgefühl und Bodypositivity. Tessa Randaus Protagonist steckt genau in dieser Falle düsterer Gedanken, die aber wirklich sehr geballt, d.h. alle auf einmal auf sie einprasseln und ihr die Lebensfreude rauben. Ihr fehlt ein Ziel vor Augen. Sie ist kritischer gegenüber sich selbst als gegenüber allen anderen.

Durch lange Spaziergänge, Gespräche und Unternehmungen mit Lene, die sie nicht ganz zufällig trifft, packt die Protatonistin nach und nach alle Probleme und Fragen an und sucht für sich Lösungen und Möglichkeiten, um wieder ein erfülltes Leben führen zu können. Lene wirkt dabei sehr weise, als hätte sie alles das auch schon durchgemacht. Nach und nach erfährt man, was hinter ihrer Art steckt. Bei den Leser*innen sorgen die tiefgründigen Themen tatsächlich dafür in sich zu gehen und das ein oder andere Problem für sich selbst zu überdenken. Mich selbst haben zwar nicht alle Aspekte betroffen, weil meine Kinder jünger sind und ich ein sehr erfüllendes Hobby habe, doch konnte ich mich trotzdem in viele Momente hineinversetzen. Ein wenige Kritik übe ich daran, dass für die Protagonistin manche Konflikte, die gravierender erschienen und nicht unbedingt von ihr verursacht wurden, trotzdem nur durch ihre Überlegungen beigelegt werden sollten. Das lief dann wirklich zu idealtypisch ab. Auch ist es wohl nicht so leicht, monate- oder jahrelang gepflegte Selbstkritik so schnell über Bord zu werfen. Witzig oder spannend ist die Geschichte nicht besonders, aber die ruhige Erzählweise der Sprecherin ist zum Nachdenken ideal. Für alle (Frauen) ab 40, die sich selbst zu verlieren drohen oder sich und andere aus der Zielgruppe besser verstehen möchten. 4 Sterne