Eine Geschichte mit Potential… das leider nicht genutzt wurde

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Normalerweise kann ich meinen Lesegeschmack gut einschätzen. So war ich nach dem Klappentext und der Leseprobe überzeugt, dass mir ‚Das Ministerium der Zeit‘ gefallen würde. Leider entpuppte sich das Buch für mich als Flop.

Die Prämisse an sich ist interessant: Der britischen Regierung ist das Zeitreisen gelungen und in einem ersten Feldversuch werden fünf Personen aus der Vergangenheit in die Gegenwart geholt. Jedem Probanden - im Buch Expats genannt - wird eine Person aus dem Ministerium zur Seite gestellt, die bei der Eingewöhnung in die Gegenwart unterstützt. Die (namenlose) Protagonistin des Romans wird dem Navy Commander Graham Gore zugeteilt, der Mitte des 19. Jahrhunderts Teil einer verschollen Arktisexpedition war.

Ich mag Zeitreisegeschichten und fand die Grundidee toll. Der Autorin gelingt es gut, eine Atmosphäre zu schaffen, vor allem das geheimnisvolle Ministerium und seine Leitung. Man hat von Anfang an den Verdacht, dass hier etwas nicht stimmt, aber das Gefühl bleibt zunächst diffus und erst nach und nach wird klar, wer wie viel „Dreck am Stecken“ hat. Mir gefiel auch die Idee, die fiktive Geschichte mit einem realen historischen Ereignis zu verknüpfen. Ich hatte vorher noch nie etwas von der Franklin-Expedition gehört, aber der Wikipedia-Artikel dazu war interessant...
…und leider interessanter als die Handlung des Buches. Die Geschichte ist sehr langatmig erzählt. Die Eingewöhnung eines Mannes aus dem 19. Jahrhundert in unsere Zeit hätte viel Potential gehabt, wurde aber m.M.n. nicht gut genutzt. Vielmehr plätschert die Geschichte für mich lange Zeit vor sich hin. Zwar gab es zwischendurch Ereignisse, bei denen ich dachte „Oh, jetzt wird es spannend.“ - diese waren aber schnell wieder vorbei und es passierte wieder lange Zeit nichts.
Zumindest das Ende - so ca. die letzten 70 Seiten des Romans - hat mir gut gefallen. Hier hat der Spannungsbogen gestimmt, der Plot-Twist war überraschend und zur Handlung passend. Aber dadurch, dass der Rest der Geschichte so „lahm“ erzählt wurde, wirkte das Ende leider etwas gehetzt.

Leider bin ich auch mit dem Schreibstil nicht warm geworden. Die Autorin arbeitet sehr viel, für meinen Geschmack zu viel, mit sprachlichen Bildern und Metaphern. So wurde das Wetter und die Jahreszeit permanent metaphern-reich beschrieben… das ging mir schnell auf die Nerven und wirkte auf mich sehr gewollt.
Bei der Charakterisierung der Figuren hat der Stil deutlich besser funktioniert, auch wenn mir leider keine der Figuren wirklich nahe gegangen ist. Aber vor allem die Figur des Graham Gore war überzeugend und detailreich gezeichnet. Wirklich gestört hat mich allerdings, dass man als Leser nie den Namen der Ich-erzählenden Protagonistin erfährt.