Zeitsprung - Mischmasch

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hurmelchen Avatar

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Ach je… Ich wollte dieses Buch wirklich mögen, jedoch es kam anders!
Was für eine gloriose Prämisse liefert Kaliane Bradley in ihrem Debütroman „Das Ministerium der Zeit“.
In dem nämlichen Ministerium hat man ein Zeitportal gefunden ( wie , wo und warum habe ich bis jetzt nicht wirklich verstanden…), und holt so verschiedene Menschen aus der Vergangenheit, sogenannte Expats, von denen man annimmt, sie seien besonders schlau, resilient , oder sonstwie begabt, um mit ihnen was eigentlich zu machen?
Wird später erklärt- egal- wäre ein Spoiler- überzeugt mich aber trotzdem nicht die Bohne… Stört am Anfang auch nicht, denn da konzentriert man sich ganz auf die Beziehung des Hauptprotagonisten, Commander Graham Gore, einem historischen Polarforscher und Teilnehmer der tödlichen Arktis- Expedition unter Sir John Franklin in 1845-1847, und seiner sogenannten „Brücke“, einer jungen Frau in Diensten des Ministeriums, die ihm als Betreuerin zur Seite gestellt wird. Die junge Frau, deren Name nie genannt wird, ist die Erzählerin des Geschehens, und die Erzählung ist eine Art Tagebuch an einen Unbekannten, dessen Identität erst ganz zum Schluss ans Licht kommt ( denke ich wenigstens…).
Soweit, so gut. Am Anfang noch sprüht Bradleys Intelligenz aus jeder Seite, aus jedem Dialog. Mit feinem britischen Humor breitet sich vor den Lesern eine Art Screwball Comedy aus, mit leichtem SciFi- Touch. Auch die Ausgangssituation an sich lädt zum Nachdenken ein. Wie würde man sich als Mensch des 19. Jahrhunderts in unserer hochtechnisierten Welt fühlen? Wie käme man in einer Welt zurecht, von deren Entwicklung und Geschichte man Jahrhunderte abgeschnitten war? Das sind hochinteressante Gedankenspiele, die Bradley gekonnt mit einer sich anbahnenden Liebesgeschichte vermischt.
Je länger die Geschichte jedoch andauert, desto weniger funktioniert der kühne Mix. Irgendwann fragt man sich nämlich, was zur Hölle soll das alles? So charmant das Liebespaar in spe sich verhält, so zauberhaft einige der anderen Expats agieren, tritt die Handlung, verzahnt mit seltsamen James- Bond- Elementen, auf der Stelle. Zudem hört Bradley auf, etwas Thematisches zu wagen. Nur sehr verhalten werden Gender- Fragen, Genozide, Kolonialismus, Feminismus angesprochen, nie geht sie dorthin, wo es weh tut. Hauptaugenmerk scheint immer die Romanze der Protagonisten zu sein, was den Roman eher in eine YA Richtung treibt.
Was ich anfangs noch als interessante Prosa empfand, wurde auf Dauer teils lachhaft. Gegen Ende haut Bradley den LeserInnen nur noch gestelzte Metaphern um die Ohren („An der Wand neben dem Bücherregal zerbarst ein Glas und fächerte sich auf wie eine Blume, ein flüchtiges Feuerwerk aus Bernstein und Kristall.“ Oder: „Als ich zurückkam, duschte ich aggressiv und malte das Bad mit Seifenwasser aus. Ich wollte in einen Zug beißen oder vielleicht einen vögeln.“).
Und die sehr elaborierten Sex- Szenen hatten dann irgendwann einen „Fifty- Shades- Of- Gore- Touch“- ja, der Mann aus der Vergangenheit ist ein echter Hengst…
So verlor der anfangs sehr gemochte Text mehr und mehr an Charme und Qualität.
Das Ende ist schlichtweg hanebüchen und zumindest für mich ziemlich wirr und unverständlich mit einer zu großen Prise Kitsch.
Meinetwegen wäre Commander Gore in der Vergangenheit geblieben!