Dengler zwischen BKA und dem Verfassungsschutz

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Mit dem aktuellen  „München-Komplott“ muss Georg Dengler, der von Wolfgang Schorlau erfundene Stuttgarter Detektiv und ehemaliger BKA-Beamte bereits seinen fünften Fall lösen. Das Prädikat „Krimi des Monats“ hat ihm der Kiepenheuer-Witsch Verlag bereits im Voraus verliehen und auch der Klappentext ist voll des Lobes –genauso wie ich selbst!

Georg Dengler wird vom BKA beauftragt, die Hintergründe für den heute längst vergessenen, nichtsdestotrotz aber schlimmsten Terroranschlag in der deutschen Nachkriegsgeschichte , nämlich den Anschlag auf das Münchner Oktoberfest vor 20 Jahren herauszufinden. Diese längst vergessene Geschichte entpuppt sich für Dengler aber bald als brandheißes Eisen, da es so aussieht, als hätte man damals den Mordfall gezielt in eine Richtung ermittelt und wichtige Spuren außer Acht gelassen, die die damaligen Ermittlungsergebnisse konterkarikiert hätten. Es wird für den Stuttgarter bald auch richtig gefährlich, da es aussieht, als sei er mitten hinein in einen Kampf zwischen dem BKA und dem Verfassungsschutz gestolpert, der auch an den damaligen Ergebnissen beteiligt gewesen zu sein scheint:  Asservaten werden vernichtet, Mitarbeiter Denglers verprügelt und sogar vor Mord schrecken die Drahtzieher der Intrige nicht zurück. Es hat den Anschein, als säßen die Drahtzieher der Anschläge noch immer irgendwo auf den höchsten Chefsesseln und übten immer noch mächtigen Einfluss aus …

Laut Bekundung des Klappentextes hat Schorlau einen Detektiv erfunden, der an den Säulen der Gesellschaft sägt, und beim vorliegenden Buch ist dies tatsächlich der Fall. Ich habe selten einen Politkrimi gelesen, der in solcher Weise fesselnd, glaubhaft, aktuell und erschreckend ist, wie „Das München-Komplott“ von Wolfgang Schorlau. Geschickt verwebt er einzelne Erzählstränge, die schlüssig ein Ganzes ergeben, miteinander und treibt die Handlung durch ultrakurze Kapitel (eine halbe bis zwei Seiten) unwahrscheinlich voran, sodass der Spuk nach 320 Seiten bereits ausgestanden ist. Schorlau schafft es, die Spannung bis zur letzten Seite zu halten, ohne dabei an Bodenhaftung zu verlieren. Das Tolle und zugleich Beängstigende an diesem Roman ist, dass er so in der Realität geerdet und verhaftet ist, dass es die These Schorlaus über das Oktoberfest-Attentat auf erschreckende Weise plausibel erscheint. Auch nimmt er aktuelle Themen wie die immer weiter zunehmende Online-Überwachung oder die soziale Ungerechtigkeit in Deutschland ins Visier und stimmt den Leser so sehr nachdenklich.

Als einziges winziges Manko an diesem großartigen Politthriller muss ich anmerken, dass mir Georg Dengler als typischer Schwabe als Hauptprotagonist etwas zu farblos und durchschnittlich war, was aber gleichzeitig wieder für die große Realitätsnähe von Schorlaus Werk spricht.