Ist der Fall nach 30 Jahren endlich gelöst?

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mammutkeks Avatar

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Auch ich muss gestehen, dass ich zwar noch im Langzeitgedächtnis gespeichert habe, dass es einmal ein Terrorattentat auf das Münchner Oktoberfest gegeben hat. Aber näheren Nachfragen hätte dieses Wissen nicht standgehalten. Ganz im Gegensatz zu den RAF-Anschlägen auf Schleyer, Bubak und Co., obwohl die doch noch länger zurückliegen. Ist es also wirklich so, wie Schorlau schreibt, dass dieses schwerste terroristische Attentat auf deutschem Boden aus dem Kollektivgedächtnis getilgt wurde. Vielleicht sogar ganz absichtlich, weil der damals präsentierte Einzeltäter aus der rechten Wehrsportgruppe Hoffmann gar nicht so allein gehandelt hat? Weil es auch damals schon diverse Verbindungen zwischen Verfassungsschutz und rechten Gruppen und Parteien gegeben hat?

Es könnte wirklich so gewesen sein, wie Schorlau es seinen Privatdetektiv Georg Dengler ermitteln lässt - es könnte aber auch ganz anders sein. Vielleicht noch schlimmer, noch verwickelter, noch mehr in politische Abgründe blickend.

Klar ist, dass auch "Das München-Komplott" auf einem stilistisch nahezu unerreichten Niveau daher kommt, mit ausgefeilten Sätzen, die einem die Verzweiflung, die sonst so oft beim Lesen auftritt, wieder austreibt. Dabei ist die Sprache nicht abgehoben, sondern immer angemessen, sei es im politischen Alltag im Ministerium, sei es in der Kneipe oder zwischen den Liebenden (ok, hier mag Schorlau vielleicht ein wenig übertreiben ...).

Derart politische Krimis, wie sie Schorlau jetzt schon zum fünften Mal vorlegt, sind selten - und dabei so wichtig. Nicht nur, um das 30 Jahre zurückliegende Attentat in München wieder ins Bewusstsein zu rufen, sondern auch wegen der vielen wunderbaren Seitenhiebe, teilweise versteckt, teilweise ganz offen. So z.B. mit der Familiengeschichte der von Schmoltkes: Ist nicht vielleicht der ein oder andere Unterstützer des 20. Juli 1944 etwas vorschnell zum Helden gestempelt worden? Gab es nicht ganz andere Widerstandshelden, die aber nicht so elegant, so repräsentativ waren - und von daher heute vergessen sind?

Ein Buch, das auch noch lange nach der Lektüre zum Denken anregt. Was ja schon grundsätzlich nicht das Schlechteste ist. Und wenn es dann noch dazu dient, sich einmal länger mit der jüngeren Geschichte oder der aktuellen Politik auseinanderzusetzen - klasse!