Realität trifft Fiktion

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waldeule Avatar

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Was genau geschah am 26. September 1980 am Münchener Oktoberfest? War der Attentäter wirklich ein Einzelgänger? Was waren die Hintergründe des schrecklichen Attentates? Diesen Fragen geht Privatermittler Georg Dengler im Auftrag des BKA nach. Und aus dem harmlosen Aktenstudium über einen alten Fall gerät er schnell in die Verstrickungen aktueller Politik.

Das Buch beruht auf wahren Tatsachen und genau das hebt es aus der Masse der „normalen“ Krimiliteratur heraus. Es ist nicht nur ein Unterhaltungskrimi, sondern auch ein Stück erzählter deutscher Geschichte und politischer Realität. In zwei parallel laufenden Strängen geht es nicht nur um die Recherchen Georg Denglers, sondern auch um die parlamentarische Innenstaatssekretärin Charlotte von Schmoltke. Laufen die beiden Fäden zunächst ohne Verbindung nebeneinander her, verknüpfen sie sich nach und nach und ergeben letztlich für den Leser ein abgerundetes Gesamtbild.

In kurzen Abschnitten, oft in kurzen Momentaufnahmen, beschränkt sich Schorlau auf das Wesentliche seiner Geschichte. Der Schreibstil ist ebenso klar, kurz und knapp – und passt sich damit wunderbar an. Dengler und Schmoltke sind weder Superhelden noch abgestürzte Süchtige und tragen mit ihrer Alltäglichkeit viel zur Realität der Geschichte bei. Das Buch ist kein typischer Unterhaltungskrimi, zwar liest es sich sehr angenehm und zunehmend spannend, doch fordert es viel zu sehr zum Mit- und Nachdenken auf. Das Schicksal der  Opfer, die es ja tatsächlich gibt, ist mir bei weitem näher gegangen als bei rein erfundenen Geschichten. Gegen Ende des Buches fand ich die zahlreichen Namen und Abteilungen zu unübersichtlich, irgendwann wusste ich nicht mehr, wer was warum getan hatte.

Es gibt nur wenige Bücher, die in mir den Wunsch wecken, viel mehr über die Hintergründe zu erfahren. „Das München-Komplott“ war so ein seltenes Buch und ich war wirklich erstaunt (und erschrocken) über mich selbst, wie wenig ich doch von diesem schrecklichen Attentat in meinem Bundesland wusste. Sehr hilfreich bei meiner Recherche waren das Nachwort Schorlaus, in dem er Realität und Fiktion trennt (dafür bin ich ihm sehr dankbar) und seine ausführliche Homepage.

Es ist ein sehr politisches Buch, dabei aber doch unterhaltsam und auf einem allgemeinverständlichen Niveau. Mir hat es viel Stoff zum Nachdenken gegeben und viele Dinge werde ich in Zukunft sicher kritischer sehen, auch wenn es kein Tatsachenbericht, sondern immer noch Fiktion ist. 

Fazit: Kein Unterhaltungskrimi, sondern einer, der gekonnt Fiktion und Realität vermischt und auf alle Fälle zum Nachdenken und Nachrecherchieren einlädt. Absolut empfehlenswert!