ALGADA

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Das scheint gerade Mode zu sein: Krimis, in denen die internationale Kunstwelt und das Kunstbusiness entweder die Hintergrunddekoration bilden oder Teil des Plots sind. Und noch etwas wird mehr und mehr Usus: Schon bevor Autor und Verlag wissen, ob der Erstling beim Lesepublikum Gefallen findet, wird schon eine ganze Serie angekündigt. Und so sind die Handlungen und vor allem das Personaltableau dann auch angelegt.
Protagonist des „Neunten Gemäldes“ ist ein Bild. Es trägt keine Signatur außer dem Wort ALGADA. Und es übt einen ungemeinen Reiz auf jeden Betrachter aus.

Doch, um die Handlung in Gang zu bringen, braucht es erst einmal eine Leiche. Die findet sich in einem Hotel in Bonn. Und einen „Ermittler“, den charmanten und slightly exzentrischen Kunstexperten Lennard Lomberg. Das ganze Buch spielt sich auf drei Zeitebenen ab: die Gegenwart des Jahres 2016. Die alte Bundesrepublik des Jahres 1966 und das von den Deutschen besetzte Paris im Jahr 1943.

Nach und nach setzt sich das Puzzle zusammen. Und hier muss der Leser wirklich am Ball bleiben. Die Anzahl der Figuren, die entweder auf- und dann gleich wieder abtauchen oder aber vom Autor durch alle drei Zeitebenen geführt werden, ist unglaublich hoch. Es ist, als ob Andreas Storm seiner Grundidee (die wirklich originell ist) nicht traut, und immer noch einen Kringel, und noch einen Kringel und noch eine Girlande baut. Anstrengend!
Unter einer Staubschicht findet sich in den Pariser Nazi-Schatzkammern ALGADA. Das Bild wird neben acht ordnungsgemäß verzeichneten Werken als Zufallsfund mit den anderen hinausgeschmuggelt. Als neuntes eben. Doch von wem? Freund oder Feind? Ein Fachmann vermutet, dass das Werk 1914 bei einem letzten Zusammensein der Freunde Picasso, Braque und Derain vor dem ersten Weltkrieg im südfranzösischen Sorgues entstanden sein könnte.

Mit Spannung und üblem Erwachen kann der Leser dann in den 1966er Abschnitten verfolgen, wie nahtlos Personen, Funktionsträger und ganze Eliten vom Dritten Reich in das schöne, neue Westdeutschland rutschen. In Behörden und Ministerien – bis ganz nach oben. Und Rache ist eine Mahlzeit, die am besten kalt genossen wird.

Am schwächsten ist dem Autor die Gegenwartsschiene geraten. Die Welt des Lennard Lomberg ist wie ein Bond-Film auf Droge. Jet Set überall, wo der Leser hintritt Reiche und Schöne, verschwiegene Stiftungen, riesige Villen, geheime Treffen, Kunstdetektive und zwielichtige Insider. Und haufenweise Zufälle. Storm spart nicht mit Details, Kleidung hat es ihm besonders angetan. Wir erfahren auch, was die Nobelkarosse von Lennard Lomberg auf 50 km schluckt. Das macht uns den Herrn nicht sympathischer. Da hilft auch die Anmerkung nicht, dass er den Wagen selten bewegt, weil er im Alltag mit dem Taxi fährt.

Wer davon absehen kann, liest einen spannenden Krimi. Und vielleicht ist ALGADA ja doch ein bisher unbekannter Picasso?