Ein spannender, kunstaffiner Kriminalroman

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stefan182 Avatar

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Inhalt: Ein Anruf ereilt den Kunstexperten Lennard Lomberg. Am Apparat: Ein gewisser Gilles Dupret, der Lomberg dafür gewinnen möchte, ein seit Ende des Zweiten Weltkrieges verschollenes Gemälde rückzuführen. Der wenig interessierte Lomberg lehnt zunächst ab, doch dann deutet Dupret an, Lombergs Vater – mit dem Lomberg sich kurz vor dessen Tod zerstritten hatte und nicht mehr aussprechen konnte – habe eine Vergangenheit mit dem Gemälde. Allerdings: Bevor Lomberg und Dupret sich persönlich final über die Rückführung austauschen können, wird Dupret ermordet aufgefunden. Das Gemälde hingegen bleibt verschwunden. Lomberg begibt sich auf die Suche nach dem Gemälde – eine Suche, die ihn nicht nur auf die Spur eines Kunstskandals führt, sondern auch ein Familiengeheimnis offenbart…

Persönliche Meinung: „Das neunte Gemälde“ ist ein kunstaffiner Kriminalroman von Andreas Storm. Es handelt sich um den ersten Band der „Lennard-Lomberg-Reihe“. „Das neunte Gemälde“ spielt auf drei Zeitebenen: Ein – im Vergleich zu den anderen beiden Strängen – kürzerer Handlungsstrang spielt 1943 im von der Wehrmacht besetzten Paris, ein weiterer in den 1960er-Jahren im damaligen Regierungssitz Bonn. Der dritte Handlungsstrang, der unterschiedliche Handlungsorte besitzt, spielt im Jahr 2016, der Gegenwartszeit der Handlung. Mein persönliches Highlight ist hier der in Bonn spielende Handlungsstrang: Die politische/gesellschaftliche Atmosphäre des „alten“ Bonn sowie des Nachkriegsdeutschlands wird greifbar beschrieben; der Plot nimmt durch die Hinterzimmer-Ereignisse Züge eines Agententhrillers an. Die drei Handlungsstränge werden jeweils mit Bedacht von einem auktorialen Erzähler erzählt, der immer wieder in die personalen Perspektiven verschiedener Akteure schlüpft. Schwerpunktmäßig werden hierbei die Perspektiven von Lennard Lomberg und dessen Vater Ernst Lomberg eingenommen. Zu der Handlung des Romans möchte ich gar nicht zu viel vorwegnehmen. Nur: Sie besitzt eine hohe Spannungskurve, eine schöne Komplexität, einige überraschende Wendungen und eine große Affinität zur zeitgenössischen Kunst. Besonders gut gelungen (auch tempomäßig) ist die Verzahnung der unterschiedlichen Zeitebenen: Zunächst tappt man während der Lektüre im Dunkeln, sucht Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Zeitebenen, die über das titelgebende neunte Gemälde hinausgehen; sukzessiv, je weiter man liest, lichtet sich die Handlung aber, wodurch die Querverbindungen zwischen den Handlungssträngen immer deutlicher werden – und sich einige überraschende Verknüpfungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart offenbaren. Der Schreibstil von Andreas Storm ist eingängig und lässt sich angenehm lesen. Insgesamt ist „Das neunte Gemälde“ ein spannender Kriminalroman, der besonders durch eine schöne Komplexität und eine perfekte Verzahnung der Zeitebenen auftrumpft.