Familienchronik oder Krimi?

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Die Romanhandlung spielt auf drei Zeitebenen: 1943 in Paris, 1966 in Bonn und 2016 in unterschiedlichen Orten Deutschlands und Frankreichs.
Lennard Lomberg, Kunstexperte besonders für Nazi-Beutekunst, erhält einen Anruf von einem Gilles Dupret, der im Namen einer Stiftung, die unbekannt bleiben will, mit Lombergs Hilfe ein unbekanntes kubistisches Gemälde in aller Diskretion seinem rechtmäßigen Besitzer zuführen möchte. Dieses Gemälde ist eines von neun Gemälden, die der öffentlichen Verbrennung vor dem Jeu de Paume 1943 entgangen sind, aber statt dessen zu Nazi-Beutekunst wurden. Bevor Lomberg einen weiteren Kontakt zu Dupret herstellen kann, wird dieser ermordet aufgefunden. Lomberg macht sich auf die Suche nach dem Gemälde und taucht tief in die Geschichte seines Vaters und auch tief in die deutsche Geschichte ein. Die geschichtlichen Ausführungen sind glänzend recherchiert, nehmen aber einen sehr breiten Raum ein, sodass die Suche nach dem Gemälde zeitweise sehr in den Hintergrund gerät. Auch die Informationen zu Lombergs Vater, seinerzeit Generalstaatsanwalt der BRD, sind außerordentlich detailliert und machen den Roman, zusammen mit den Geschichtsfakten, langatmig. Man fragt sich oft, ob der Roman wirklich ein Krimi ist oder eher die Aufbereitung einer Familienchronik. Die verschiedenen Handlungsstränge sind sehr verschlungen und werden erst in der zweiten Romanhälfte zusammengeführt. Aber auch hier baut der Autor noch twists and turns ein. Der Roman hat keine Spannung wie ein Thriller, aber man möchte wissen, wie es weiter geht.
Die Charaktere sind sehr unterschiedlich, gehören jedoch alle der Oberschicht an und kommen teilweise etwas arrogant rüber. Storm verwendet eine anspruchsvolle Sprache mit langen, verschachtelten Sätzen und gelegentlich einer Prise Zynismus. Diese Tatsache und die überaus langen geschichtlichen Erläuterungen, sowie die Personenkonstellation erfordern ein sehr konzentriertes Lesen und verlangsamen die Lesegeschwindigkeit.
Kein Krimi fürs Wochenende!