Von Kunst, Geschichte und Zufällen

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justm. Avatar

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Als Lennard Lomberg, seines Zeichens nach Kunstexperte mit Doktor-Titel, einen Anruf bezüglich eines Bildes, das vermeintlich in die Kategorie Raubkunst fällt, erhält, hat er zunächst wenig Interesse. Selbst eine mehr oder weniger subtile Drohung des Anrufers bringt ihn nicht wirklich aus der Ruhe.
Als später aber die Polizei bei ihm auftaucht und erklärt, daß eben dieser Anrufer unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommen ist, ist Lombergs Neugier doch geweckt und er begibt sich auf die Suche. Und damit auf eine Reise in die eigene Vergangenheit.


Andreas Storm hat mit "Das neunte Gemälde" ein Buch geschrieben, das Fakt und Fiktion gekonnt vermischt. Dabei verwebt er vorgeblich Kunst und Geschichte miteinander, aber nebenbei noch so viele andere Themen, daß es stellenweise schon überbordend wirkt.

Ich für meinen Teil hatte anfänglich Schwierigkeiten in einen wirklichen Lesefluß zu kommen, was zunächst vermutlich an den kurzen "Unter-Kapiteln" lag, in denen zwischen Tagen, Orten und Personen umhergesprungen wurde, daß man wirklich aufpassen mußte. Daß die eigentlichen Kapitel dann tatsächlich noch auf unterschiedlichen Zeitebenen spielten, tat sein Übriges.

In anderen Worten: Dieses Buch liest man nicht nebenbei.

Allein die von Storm benutzte Sprache machte es einem manchmal nicht leicht. Dazu kamen die Stellen, die eher geschichtlichen oder künstlerischen Sachbuch-Abhandlungen glichen, als einem Krimi.
Und zu allem Überfluß gab es einen stetigen Quell von Namen und historischen Fakten, die teilweise fiktiv, teilweise angelehnt an die Wahrheit und teilweise tatsächlich wahr waren, die es - zumindest für mich - auseinander zu halten galt.
Wer also, wie ich, dazu neigt "begleitend zu googlen", der wird hier gut zu tun haben. (Nichtsdestotrotz ist ein Maß an Geschichts- und bestenfalls auch Kunstkenntnissen hier definitiv ratsam.)

Erst im weiteren Verlauf des Buches und mit dem tatsächlichen Erkennen der einzelnen Puzzleteile (und erstaunlicher Zufälle), die langsam aber sicher ein Bild und somit eine sinnige Geschichte ergaben, entwickelte sich, für mich, ein Lesefluß, der die Geschichte vorantrieb und gleichzeitig zeigte, daß hier nicht nur ein Hauch von Historie verbreitet, sondern auch mehrere Kriminalfälle aufgeklärt und Familiengeschichten seziert wurden.

Fazit: 3,5 Sterne
"Das neunte Gemälde" ist definitiv kein dahergelaufener Wald- und Wiesen-Krimi, sondern fordert seine Leser*innen.
Wer Interesse an Kunst, Geschichte und / oder Kunstgeschichte hat und keinen platten 08/15-Krimi lesen will, dem sei dieses Buch empfohlen.