Ein düsterer Urban-Fantasyroman, in den man sich etwas reinfuchsen muss

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stefan182 Avatar

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Inhalt: Alex Stern kann Geister sehen – ohne, dass sie gefährliche Substanzen zu sich nehmen muss. Daher ist sie die perfekte Kandidatin für Lethe, jenes neunte Haus der Yale University, das die magischen Rituale der anderen acht Häuser überwacht. Alex, der ihr Leben lang eingeredet worden ist, das Sehen der Geister sei eine psychische Störung, muss allerdings erst lernen, ihre Fähigkeiten gezielt einzusetzen. Dabei soll ihr Daniel Arlington – Everybody's Darling in Lethe – helfen. Doch plötzlich verschwindet Daniel und zeitgleich sieht Alex sich noch mit einem anderen Problem konfrontiert: ein Mordfall in Yale, der magische Spuren besitzt…

Persönliche Meinung: „Das neunte Haus“ ist ein Urban-Fantasyroman von Leigh Bardugo. Erzählt wird der Roman in zwei Handlungssträngen, die sich jeweils abwechseln. Der chronologisch gesehen erste Handlungsstrang wird aus der personalen Perspektive Daniel Arlingtons erzählt, der Alex in die Arbeit bei Lethe einführt; der zweite in der Gegenwart spielende Handlungsstrang setzt nach dem Verschwinden Daniels ein und wird aus der Perspektive Alex‘ erzählt. Der Fokus liegt in diesem u.a. auf der Suche nach Daniel und der Aufklärung des Mordfalls. Zugleich passiert hier inhaltlich aber auch so viel Anderes, das man kaum in Gänze fassen kann: Informationspartikel werden preisgegeben, ohne dass man sie wirklich einordnen kann; die Handlung wendet sich, geht in bestimmte Richtungen, bleibt aber abrupt stehen, um doch wieder einen ganz anderen Weg einzuschlagen. Das ist stellenweise verwirrend, und gerade zu Beginn des Romans habe ich mich in der Handlung etwas verloren gefühlt: Ich hatte permanent den Eindruck, dass mir das nötige Hintergrundwissen zu Yale, den Verbindungen und dem Leben in diesen fehlt, um komplett zum Kern der Handlung vorzudringen. Allerdings: Je länger man liest, desto besser kann man sich in die Handlung reinfuchsen. Auch ergeben mit der Zeit die Winkelzüge der Erzählung (mehr) Sinn: Zum Ende der Handlung werden die gestreuten Informationspartikel aufgesammelt und zu einem stimmigen Gesamtbild zusammengefügt. Dabei gibt es einige schöne Aha-Momente, da einzelne Dinge, die man eigentlich schon abgehakt hatte, plötzlich wieder eine Rolle spielen und in einem ganz anderen Licht erscheinen. Das Finale des Romans ist dementsprechend überraschend, twistig und fulminant. Der Schreibstil von Leigh Bardugo ist detailreich und lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „Das neunte Haus“ ein facettenreicher Fantasyroman, für den man einen längeren Atem haben muss, bis man sich reingefuchst hat – am Ende wird man aber für das Durchhaltevermögen belohnt.