Nicht nur ein Regenschauer...

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metalpanda Avatar

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Im nächtlichen Regenschauer wird auf der Autobahn nahe einer Kleinstadt an der Donau ein verwirrtes, junges Mädchen von einem Wagen erfasst und getötet. Die feierliche Kleidung des Mädchens und die Aussage des Todesfahrers bringen die Kriminalbeamten Franza Oberwieser und Felix Herz auf die Spur eines möglichen Gewaltverbrechens. Der Fund von Blutspuren und Zigarettenstummeln an einem nahe gelegenen Rastplatz erhärten diesen Verdacht, die Polizisten beginnen mit ihrer Arbeit und treffen dabei nur auf Menschen, die alle ihre ganz eigenen Leichen im Keller haben.

Die Handlung entwickelt sich in Kraslehners Erwachsenenromandebüt langsam und lässt Zeit für eigene Vermutungen, man hat durch die immer wieder eingeschobenen Gedankengänge zudem eine interessante, manchmal jedoch nicht wirklich aussagekräftige Abwechslung zum Hauptstrang der Handlung. Selbst auf den zunächst nur als Randfigur wahrgenommenen Unfallfahrer kommt der rote Faden im späteren Verlauf wieder zurück, wenn auch hart an der Grenze der Glaubwürdigkeit, die ansonsten, abgesehen von der Verstrickung einer der Hauptfigur nahe stehenden Person mit dem Opfer, durchaus gegeben ist. Die Ermittlungsarbeit der beiden Polizisten scheint nachvollziehbar, nicht übertrieben, die Vernehmungen von Zeugen und Verdächtigen wirken hingegen bisweilen zu leicht, schnell kommen die Beamten hinter die dunkelsten Geheimnisse ihrer möglichen Motivspender, scheinbar der Versuch die "kaputte Welt", in der die Handlung ihren Lauf nimmt, zu unterstreichen. Der Ort der Handlung wirkt insgesamt fast völlig austauschbar, ob die Geschichte nun in einer Kleinstadt nahe der Donau, Berlin oder Hintertupfingen stattgefunden hätte ist recht belanglos, was allerdings nicht wirklich tragisch ist, denn davon abgesehen sind die Schauplätze der Handlung stimmig gewählt und passen gut ins Gesamtbild der Handlung.

Der Grund für die eher kurz geratene Darstellung der Ermittlungsarbeit liegt an dem besonderen Augenmerk der Autorin für die Einführung und Fortentwicklung ihrer "Helden", die eigentlich gar keine sind. Die Schilderung menschlicher Abgründe ist sowohl bei den Haupt- als auch bei den Randfiguren sehr vielseitig, wenn auch in der Gleichartigkeit zur Unterstreichung der düsteren Welt wiederum manchmal etwas einseitig. Die beiden Polizisten haben ihre Stärken und Schwächen, dennoch sind sie insgesamt eher holzschnittartig als wirklich Charaktere mit Profil. Die früher vielleicht einmal fürsorgliche Mutter und liebende Ehefrau, hart geworden durch die Wirrungen des Lebens, vom Mann betrogen, vom Sohn fallengelassen, sich immer wieder in leidenschaftliche Eskapaden flüchtend und der bald vierfache Familienvater, finanziell ausgebrannt und in der Ehe nach eigenem Empfinden auf den Rang eines Zuchtbullen herabgestuft. Auch alle Personen, denen die beiden im Buch begegnen haben ihre Schattenseiten, Licht sieht man in Kraslehners Welt selten bis gar nicht.

Haben die Schatten hier nicht ihr Licht, so hat zumindest der Sprachgebrauch hier seine Gegensätze. Einerseits befleißigt sich die Autorin einer sehr blumigen Sprache, man mag fast meinen Shakespeare würde einen Kriminalroman schreiben, andererseits sind die Umschreibungen, wie sie die Hauptfigur Franza nutzt so derb, dass der Gegensatz recht krass erscheint. Das kann man mögen, es kann aber auch ein wenig nach unsicherem Stil aussehen, was für ein Erstlingswerk in einem Genre auch kein Genickbruch sein muss.

Kraslehner hat mit ihrem Debüt im Bereich Kriminalroman eine insgesamt solide Arbeit abgeliefert, es mangelt manchmal ein wenig an Sogwirkung der Handlung, dafür ist die Mühe gute Charaktere zu schaffen deutlich spürbar, genauso wie der Hang zur Lyrik, da erkennt man recht deutlich die Deutschlehrerin. Dennoch wirken gerade die Figuren noch ausbaufähig. Lobenswert ist anzuführen, dass die Handlung insgesamt stimmig ist, man verfängt sich nicht in Logiklücken, höchstens an ein oder zwei Stellen bleibt die Glaubwürdigkeit ein bisschen auf der Strecke. Für einen ersten Roman in diesem Genre kein schlechter Einstand, ich habe das Lesen jedenfalls nicht bereut und kann das Buch insbesondere Leuten ans Herz legen, die gerne düstere Romane ohne wirkliche Helden lesen, in denen die Abgründe des Menschlichen im Vordergrund stehen und die seltenen schönen Dinge der Welt mit teilweise poetischer Bildhaftigkeit umschrieben werden.