eine in allen Aspekten voll überzeugende Fortsetzung

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Tad Williams – Das Reich der Grasländer

Rezension von Thomas

Das Buch wurde von vorablesen.de zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür.


1991 entführte uns Tad Williams mit „Der Drachenbeinthron“, dem Auftakt seiner Reihe „Das Geheimnis der Großen Schwerter“ erstmals in das Reich von Osten Ard, in dem sich eine Koalition von unterschiedlichsten Völkern einer Bedrohung aus dem hohen Norden stellen musste. Die Abenteuer des Küchenjungen Simon „Mondkalb“, der es bis auf den Königsthron, den legendären „Drachenbeinthron“ schafft, fanden bis zum Abschluss „Der Engelsturm“ im Jahre 1996 immer mehr begeisterte Fans. Nachdem 2004 noch die Novelle „Der brennende Mann“ erschienen war, schien es, als hätte Tad Williams Osten Ard für immer verlassen.

Umso begeisterter wurde von seinen Leser*innen die Ankündigung aufgenommen, dass er weitere Bücher aus der Welt Osten Ards veröffentlichen würde. Und 2017 war es endlich soweit: mit „Das Herz der verlorenen Dinge“ erschien eine Erzählung, die als Bindeglied zwischen dem alten Zyklus und dem angekündigten neuen Zyklus „Der letzte König von Osten Ard“ fungiert. Mit „Die Hexenholzkrone 1 und 2“ erschien dann ebenfalls 2017 der zweigeteilte Auftakt der Zweiten Reihe aus Osten Ard. Nun kommt mit „Das Reich der Grasländer 1“ der erste Teil des zweiten Bandes von „Der letzte König von Osten Ard“ heraus. „Das Reich der Grasländer 2“ ist für Juni 2020 angekündigt. Diese Zweiteilung ist auch durchaus sinnvoll, da beide Bände in der deutschen Ausgabe zusammen auf mehr als 1200 Seiten kommen werden.

Tad Williams zeig auch hier wieder, dass er ein meisterlicher Weltenbauer ist. Sein Osten Ard ist ein Vielvölkerstaat mit zahlreichen sehr unterschiedlichen Kulturen. Dadurch ist diese Welt absolut realistisch und greifbar, weil sie bis ins kleinste Detail ausgearbeitet ist. Das hat allerdings auch den Effekt, dass es ein wenig dauert, bis man sich in diese Welt eingefunden hat. Aber wenn man sich erst einmal in diese Welt eingefunden hat, dann bietet sich hier ein facettenreiches Lese-Erlebnis.

Da auch in Osten Ard die Zeit nicht stehen geblieben ist, treten die Protagonisten der ersten Reihe naturgemäß altersbedingt immer mehr in den Hintergrund, Tad Williams ist es aber famos gelungen, die Leerstellen, die sie hinterlassen, mit neuen Charakteren zu füllen. So gelingt es Klein-Snenneq, dem zukünftigen Schwiegersohn von Binabik problemlos, in dessen Fußstapfen zu treten. Und auch Prinz Morgan, der Enkel von Königin Miriamel und König Simon, schafft es im Laufe der Erzählung immer mehr, Profil zu entwickeln. Und auch neue Charaktere wie „Die weiße Hand“ oder Nezeru fügen sich nahtlos in die Geschichte ein.

Die Geschichte selbst ist wie schon in der ersten Saga eine Mischung aus spannenden Episoden, intriganter Machtpolitik, zahlreicher komplexer Verflechtungen und überraschender Bündnisse. Dadurch ist es schwer, diese kurz zusammenzufassen. Deshalb nur eine Information: die „Weißfüchse“, die in der Schlacht am Grünengelsturm endgültig besiegt schienen, sinnen auf Rache, ihre seit dem Krieg im magischen Schlaf liegende Königin Utuk‘ku, die von den siegreichen Menschen und ihren Gefährten für Tod gehalten wurde, ist erwacht und es gibt Gerüchte, dass auch Ineluki Sturmkönig wieder nach der Macht greift…

Das Cover fügt sich stilistisch perfekt in die bisherigen Bände der Osten Ard-Werke ein.

Für Neu-Einsteiger in Tad Williams Osten Ard ist „Das Reich der Grasländer 1“ trotz einer kurzen Zusammenfassung der Geschehnisse in „Die Hexenholzkrone“ nur bedingt geeignet. Diese sollten besser zum „Drachenbeinthron“ greifen, wenn sie die Saga in ihrer vollen Pracht erleben wollen, oder zumindest zu „Das Herz der verlorenen Dinge“ oder zu „Die Hexenholzkrone 1“. Fans von Tad Williams werden diese Bücher ohnehin schon mindestens einmal gelesen haben und schon auf die Fortsetzung warten.

Wer also anspruchsvolle; komplexe High-Fantasy mag, dem sei Tad Williams wärmstens ans Herz gelegt. Für mich ist „Das Reich der Grasländer“ auf alle Fälle jetzt schon eines der Fantasy-Highlights des noch jungen Jahres 2020.