Hin und her gerissen

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katercarlo Avatar

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Das Buch hat zwei verschiedene Stimmen in mir geweckt. Die eine schreit begeistert nach mehr, die andere zuckt die Schultern und sagt: „naja“. Ich stehe dazwischen und weiß nicht so recht welcher Meinung ich mich anschließen will.
Die erste Stimme argumentiert mit dem Suchfaktor, den dieses Buch in mir geweckt hat, genauso wie es jedes Buch dieses Genres kann. Ich habe Kapitel um Kapitel verschlungen und mich so im hohen Tempo durch die Geschichte gelesen. „Aber du hast nicht alles stehen und liegen lassen“, widerspricht die zweite Stimme „Und es gab Momente in denen du dich gefragt hast, wann sie denn nun endlich einmal an dieser verdammten Burg ankommen.“ Da stimmt, muss ich zugeben. „Aber es war nie langweilig“, wirft die erste Stimme ein. Auch das stimmt.
Das Buch erzählt von Laire, die mit einer Gruppe der unterschiedlichsten Gefährten ins Reich des Daemalords aufbricht. Unter seiner Herrschaft leben die Verfluchten und das Böse. Auch Laires Verlobter Desmond wurde verflucht und ist nun Gefangener des Lords – zu Unrecht, wie Laire findet und sich deswegen dieser Rettungsmission mit geringer Aussicht auf Erfolg stellt.
Die Erzählung ist eine Reise, aufgegliedert in verschiedene Etappen. Mit jedem Abschnitt nimmt die Handlung eine etwas andere Wendung, Entdeckungen werden gemacht, Bande geschmiedet, Geschichten ausgetauscht, Abenteuer gemeinsam erlebt und Gefahren zusammen überwunden – alles was man auf einer Wanderung so macht, nur verschärft und mit einer ordentlichen Portion Magie.
„Magie, die du nicht kapiert hast“, meint die zweite Stimme. „Ebenso wenig, wie so vieles in dieser Buchwelt.“ Tatsächlich hatte ich ziemlich damit zu kämpfen alle Zusammenhänge zu verstehen. Das Daemareich, Laires Magie und Lyaske sind mir bis jetzt ein Rätsel geblieben. Vielleicht liegt es daran, dass ich die „One True Queen“-Dilogie nicht gelesen habe und davon Wissenslücken habe. „Vielleicht sollst du es aber auch gar nicht alles gleich verstehen“, findet die erste Stimme eine weitere Entschuldigung. „Vielleicht soll es dir so gehen, wie den Personen im Buch. Du hast eine leise Ahnung, aber bist dennoch nur eine recht unwissende Spielfigur. Und es kommt ja auch noch ein zweiter Teil.“
Ja, diesen zweiten Teil werde ich auf jeden Fall lesen. Vor allem des abschließenden Cliffhangers wegen. Er hat meine Neugierde und Spannung wieder angeheizt, nachdem ich am Schluss etwas enttäuscht wurde. Warum? Die zweite Stimme zählt die Gründe an seinen langen Fingern ab: Viele Pointen der Geschichte waren vorhersagbar. Das große Finale war ein solches Chaos und so sehr auf Effekte getrimmt, dass ich mich emotional kaum darauf einlassen konnte. Bis auf den allerletzten Faden der Geschichte, weiß ich nicht so recht, worauf ich mich im zweiten Teil freuen soll. „Aber du willst trotzdem weiterlesen“, beharrt die erste Stimme. Ja, das will ich. Mich fasziniert diese Welt, die ich zwar nicht verstehe, die aber nach ihren ganz eigenen, neuartigen Gesetzen funktioniert. Und ich habe genug Einblick in das Leben aller Figuren bekommen, um wissen zu wollen, wie es mit ihnen weitergeht.
„Das Buch gefällt dir also“, schlussfolgert die erste Stimme. „Aber es ist nicht das überzeugendste Fantasybuch“, ergänzt die zweite Stimme. Beide Male lautet meine Antwort: ja.