Ein emotionaler Roman

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naraya Avatar

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Doris ist 96 Jahre alt und so langsam macht ihr Körper nicht mehr mit. Inzwischen muss sich ein Pflegedienst täglich um sie kümmern; ihre einzige Verwandte - Großnichte Jenny - lebt weit weg in den Vereinigten Staaten. Und so kommt es, dass Doris Gedanken immer wieder in die Vergangenheit reisen. Zu ihrer Kindheit in Schweden, der aufregenden Zeit als Model in Paris, dem furchterregenden zweiten Weltkrieg, der Flucht in die USA und schließlich der Rückkehr in die Heimat. Entlang hangelt sich Doris dabei an ihrem roten Adressbuch, ein Geschenk ihres Vaters. Doch ist beinahe jeder Namenseintrag schon mit der Anmerkung "tot" versehen, so dass die alte Dame dringend ihre Lebensgeschichte für Jenny aufschreiben will.

Diese Lebensgeschichte ist es, die Sofia Lundberg hier rückblickend erzählt. Protagonistin Doris ist eine weit gereiste, kluge Frau; umso trauriger macht es einen als Leser, wie sehr sie körperlich bereits verfallen ist und wie sehr dieser Körper sie an ihre Wohnung, ihr Bett, ja ihr ganzes neues Leben fesselt. Sprachlich und emotional bleibt die Handlung immer ganz nah bei den Charakteren. Durch die wechselnden Zeitebenen ist die Geschichte historischer, Familien- und Liebesroman zugleich, aber auch ernstere Themen wie Armut, ungewollte Schwangerschaft, Homosexualität oder Ausbeutung werden angesprochen.

Der Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist gut gelungen und durch Jenny als Nebencharakter können wir auch einen Blick auf eine andere Doris werfen. Eine Frau, die bereit ist, ihre eigenen Träume zurückzustellen, um für andere da zu sein. Doris, der Familienmensch. Doris, die gute Freundin. Am Ende war sie mir wirklich sehr ans Herz gewachsen - hier hat die Autorin wirklich gute Arbeit geleistet.

Fazit: Ein emotionaler Roman, der ein ganzes Leben umspannt