Hast du in deinem Leben genug geliebt?

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rinoa Avatar

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Die 96-jährige Doris lebt alleine in Schweden, ihre einzige Verwandte, Großnichte Jenny, in den Vereinigten Staaten von Amerika. Einmal in der Woche skypen die beiden miteinander, ansonsten wird Doris Alltag nur von den regelmäßigen Besuchen des Pflegedienstes unterbrochen.
Als Kind hat Doris von ihrem Vater ein rotes Adressbuch geschenkt bekommen, die meisten Namen darin sind mittlerweile allerdings durchgestrichen. Um Jenny von ihrem turbulenten Leben zu erzählen, fängt Doris an zu schreiben – über die verschiedenen Personen, die in ihrem Leben eine (manchmal schöne, manchmal unschöne) Rolle gespielt haben.

Das Buch ist in recht kurze Kapitel unterteilt und sehr gut zu lesen. Zum einen erzählt Doris in Ich-Form aus ihrer Vergangenheit, über die Menschen, die sie ein Stück des Weges begleitet haben, zum anderen wechselt die Perspektive immer wieder in die Gegenwart und zeigt, wie beschwerlich das Leben für Doris mittlerweile ist.

Die Erzählungen aus ihrer Vergangenheit sind gespickt mit Lebensweisheiten und -wahrheiten und ich habe mich mehr als einmal ertappt, wie ich während der Lektüre zustimmend mit dem Kopf genickt habe.

Zunächst nimmt die Vergangenheit mehr Raum ein als die Gegenwart, dies ändert sich jedoch im Verlauf und vor allem im letzten Drittel des Buchs wurden die Rückblenden weniger und für meinen Geschmack auch teilweise etwas zu schnell abgehandelt. Der Fokus liegt nun auf der Gegenwart, auch weil Doris Großnichte Jenny zwischenzeitlich nach Schweden gereist ist.
Hier wurden mir einzelne Beschreibungen zu oft wiederholt und immer wieder aufgegriffen, vor allem der Umgang Jennys mit ihrer quengelnden zweijährigen Tochter, was mich teilweise etwas genervt hat.

Der Schluss war dann sehr rührselig und fast etwas kitschig, was mir persönlich nicht zusagt, was mich aber nicht davon abgehalten hat, die eine oder andere Träne zu verdrücken. Für mich rutschte dadurch die an sich sehr schöne Botschaft des Buchs – hast du in deinem Leben genug geliebt? – leider etwas ins Triviale ab.

Trotzdem ist „Das rote Adressbuch“ ein sehr schönes Buch, das ich auch uneingeschränkt weiterempfehlen würde.