Höllenfahrt

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sillesoeren Avatar

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Neun Matrosen auf ihrer letzten Fahrt.

Der Leser weiß, dass es die letzte Fahrt für diese Crew ist, weil die Reederei das Schiff verkauft hat. Er weiß auch, dass es die letzte Fahrt für den Kapitän ist, weil sich dieser zur Ruhe setzen will. Also ist es eine besondere Fahrt für alle. Wie besonders sie wird, ahnt der Leser spätestens nach der detaillierten Vorstellung der einzelnen Crewmitglieder, von denen einer sogar vollkommen ungeplant und zufällig auf das Schiff kommt.

Das Buch beginnt mit der vergleichweise harmlosen Beschreibung des letzten Abends an Land bei der Familie eines Matrosen. Doch schon die letzten Stunden der anderen Männer an Land lassen Böses ahnen. Und in der Tat entwickelt sich der Plot schnell zu einer düsteren Beschreibung der üblen Schicksale, Machenschaften und Charaktere der Crewmitglieder. Gewalt, Hass, Wut und Verzweiflung habe ich lange nicht mehr in einer solchen Vollendung beim Lesen gespürt. Selbst Szenen, die bei Tag spielten, wirkten düster und niederschmetternd. Wenn aus dieser Ausgangskonstellation am Ende alle lebend, gesund und zufrieden heraus gekommen wären, hätte ich die Welt nicht mehr verstanden.

Faszinierend empfand ich die Erzählweise von Stefán Máni, der mitunter eine Szene aus drei verschiedenen Blickwinkeln erzählte. So wird die Sicht und Handlungsweise der Besatzungsmitglieder klarer, die Spannung erhöht sich weiter.

Dass ausgerechnet der offensichtliche Verbrecher bei mir die größten Sympathien erwirbt, verblüfft mich beim Lesen sehr. Alle Charaktere sind interessant gezeichnet. Auch deren Empfindungen kann ich gut nachvollziehen, besonders eben das stete, nervenaufreibende bumm - bumm - bumm empfand ich allein beim Lesen schon als beklemmend.

Einen fünften Punkt verweigere ich dem Buch, weil mir in der zweiten Hälfte die Vielzahl der aufeinander folgenden Katastrophen nun doch etwas zu konstruiert wirkt. Insgesamt aber war es ein großer Lesegenuss und bestimmt nicht das letzte Buch, das ich von diesem Autor lese.

P.S. Mir will nicht klar werden, ob dieses Buch wirklich in der Kategorie "Kriminalroman" gut aufgehoben ist. Vielleicht eher Thriller? Selbst Abenteuerroman oder Horror würden m.E. eine Spur besser passen.