Sinnfreier Roman mit nettem Schreibstil

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 Zur Autorin

Jasmin Ramadan erblickte 1974 in Hamburg als Tochter einer Deutschen und eines Ägypters das Licht der Welt. Sie lebt und wirkt auch heute noch dort. Seit 2000 – bereits während des Studiums – arbeitet sie als freie Mitarbeiterin für den NDR. Sie schreibt Romane und Kurzgeschichten. Ihr erstes veröffentlichtes Buch war 2009 die Vorgeschichte zu Fatih Akins Film „Soul Kitchen“. Für den Beginn ihres zweiten Buches „Das Schwein unter den Fischen“ erhielt sie schon 2006 den Förderpreis für Literatur der Hamburger Kulturbehörde. Damals, natürlich noch unveröffentlicht, trug das Werk den Titel „Ein Pinguin auf der Antenne“.

 

Zum Buch

Tropen beim Klett-Cotta-Verlag hat dieses Buch als broschürte Ausgabe mit einem sehr stabilen Einband aufgelegt. Auf Vorder- und Rückseite ist die Frontalansicht eines Mädchengesichtes mit strähnigem schwarzen Pony und trotzigem Gesichtsausdruck zu sehen. Titel, Autorin und weitere Angaben zum Buch wurden mit Großbuchstaben vorn und hinten in runden, markanten Feldern über das Bild gelegt. Die gewählte Schrift auf dem Einband ist sehr ansprechend. Leider kann man das von der Schrift im Roman nicht behaupten. Nur die Abschnitt- und Kapitelüberschriften sind groß. Der gesamte Text ist in – wie ich fand – viel zu kleinen und beim Lesen anstrengenden Lettern gehalten. Auch das Mädchen auf dem Einband schreckte mich eher ab, als mich auf dieses Taschenbuch neugierig zu machen. Sie kam mir vor wie eine ungepflegte, pubertierende Teenagerin, keinesfalls im Alter einer Abiturientin, um die es ja in diesem Buch gehen soll.

Beim Lesen stolperte ich ärgerlicherweise immer wieder über Druck- bzw. Schreibfehler. Wie ich mittlerweile gelernt habe, ist dies offensichtlich ein - für Autor und Leser sehr unerfreuliches – „Markenzeichen“ des Klett-Cotta-Verlages.

 

Zum Inhalt

Als „Erzählendes Ich“ beschreibt Celestine Fehrmann, genannt Stine, Ihre Familie, ihre Vergangenheit und ihre gegenwärtige Situation. Sie lebt bei ihrem eher „einfach gestrickten“, aber fleißigen Vater und der alkoholabhängigen Stiefmutter in Hamburg. Von ihrer leiblichen Mutter, einem französischen Au-Pair-Mädchen, wurde sie kurz nach der Geburt beim Vater abgegeben. Eine Erbschaft ermöglicht es diesem schließlich, sich seinen Traum zu erfüllen: Er eröffnet einen Imbiss. Auch Stine, nach bestandenem Abitur perspektiv- und antriebslos, wird komplett in die Arbeit in der „Mett- und Frittenbude“ eingebunden. Erst durch eine – nicht ganz „saubere“ – Aktion schafft sie es endlich, ihre Zukunft in die eigenen Hände zu nehmen und einen „Stein von Veränderungen ins Rollen zu bringen“.

 

Mein Leseeindruck

Die kurze Leseprobe hatte mich ja mit gemischten Gefühlen zurückgelassen.

Wie ich im Leseeindruck schon feststellte, hat Jasmin Ramadan tatsächlich einen sehr rasanten und amüsanten Schreibstil. Wahrlich kann dies’ beides irgendwann im Verlauf des Romans die fehlende Aussagekraft des Buches nicht wirklich wettmachen, Anfangs fand ich die Sprüche und Dialoge ja noch sehr witzig, aber da sie sich ständig ähnlich wiederholten, waren sie auf Dauer bald kaum noch ertragbar und – da es immer das Gleiche war – am Ende langweilig.

Im Leseeindruck hatte ich mir außerdem die Frage gestellt, ob dieses Buch nur eine Aneinanderreihung von Dialogen und Lebenssituationen ist oder ob es irgendwann tatsächlich noch zu einer richtigen Handlung kommen wird. Die Antwort war einfach, denn in dieser Geschichte passiert nicht wirklich viel.

Der einzige Part, der mir gut gefallen hat, waren Stines Begegnungen und Gespräche mit den lebensfrohen Senioren Lilli und Heinrich. Hier kam endlich einmal etwas Sinn in die Geschichte und ins Leben der Erzählerin!

Auf dem Klapptext des Buches wird Stine um so viel „klüger und gesitteter“, als ihre „Unterklassen-Milieu-Familie“ dargestellt. Diese Ansicht kann ich ganz und gar nicht nachvollziehen. Die frische Abiturientin greift ganz gern zum Alkohol, kann bis zum Ende des Buches kaum daran und an Zigaretten vorbeigehen, ist einem Joint selten abgeneigt und pflegt ausgenommen oft einen sehr abgeschmackten Umgangston. Hier und da muss man damit rechnen, dass sie sich übergibt – was nicht wundert bei dem Zigaretten-, Drogen- und Alkoholkonsum, und auch diese trivialen, stumpfsinnigen Beschreibungen davon muss der Leser tapfer durchhalten. Stine ist mindestens genauso korrupt und „kaputt“, wie der Rest ihrer beschriebenen Familie. Für mich war dies ein sehr unglaubwürdiges Bild einer frisch gebackenen Abiturientin.

 So richtig etwas auf die Beine stellt Stine eigentlich erst im Abspann des Buches. Genau dort überschlagen sich dann plötzlich die Ereignisse, die es vorher im Roman eigentlich überhaupt nicht gab. Ich hatte den Eindruck, Jasmin Ramadan hatte es plötzlich eilig, mit ihrem Roman nach so vielen Jahren endlich einmal zum Ende zu kommen. „Traumschiff-like“ zog sie auf den letzten Seiten das „Alles-wird-gut-Register“: Die Guten werden glücklich, den Bösen geschieht Schlimmes und die verirrten Schafe finden nach einer kleinen Katastrophe wieder zueinander und auf den richtigen Pfad. Also, eigentlich hätte man dieses Buch auch auf die kurzen Zusammenfassungen im allerletzten Kapitel reduzieren können...

Ich bin mir ganz sicher, dass dieser Roman die Lesergruppen genau in der Mitte spalten wird. Die einen werden sich vor Begeisterung kaum halten können, und die anderen sollten gar nicht erst versuchen, sich bis zum Ende durchzuquälen.

Ich für meinen Teil gehöre eher zu Letzteren!